Zur Sache: Zoff ist programmiert

Viele nostalgische Rückblicke gab es am Radio Day, der vergangene Woche in Zürich stattfand. Man feierte 25 Jahre Lokalradio in der Schweiz.

Viele nostalgische Rückblicke gab es am Radio Day, der vergangene Woche in Zürich stattfand. Man feierte 25 Jahre Lokalradio in der Schweiz. Die glorreichen Zeiten, als alle noch Pioniere waren und einer sogar Pirat, gaben schon am Morgen beim Kaffee zu reden. Man schwelgte in Erinnerungen, und wie immer bei solchen Jubiläumsanlässen gedachte man den alten Zeiten, wo so vieles besser und einfacher war. Na ja, das meint man halt in der Rückschau.
Heute ist die Branche verunsichert und erwartet mit Ungeduld die noch ausstehenden Konzessionsentscheide. Immerhin deren 21 sind noch nicht entschieden. Sie sind umstritten, weil mehr als ein Bewerber in der Warteschlange steht. Die Ungeduld ist verständlich, geht es doch um viel Geld: Gebührengelder winken. Es geht aber auch um die Zukunft derjenigen Sender, die keine Konzession erhalten werden. Was passiert? Da muss unterschieden werden zwischen Lokalradios und lokalen Fernsehsendern. Während letztere auch ohne Konzession weitersenden können, ohne Gebührengelder zu kassieren und ohne die Must-carry-Rule der Kabelnetzbetreiber, geht es bei den Radiostationen ums Überleben. Ohne Konzession gibt es keine Frequenz, und ohne Frequenz kann nicht gesendet werden. Den Verlierern bleiben also nur noch zwei Möglichkeiten:entweder den Sendebetrieb einzustellen oder aber ein Ausweichen ins Internet. DAB ist momentan ja auch noch keine Alternative.
Wer gehofft hatte, dass das erstmalige Auftreten des Medienministers Moritz Leuenberger an einem Radio Day ein Signal sein könnte, dass selbiger an diesem Tag die begehrten Konzessionen bekannt geben würde, war sicher blauäugig. Man kann es Leuenberger nicht übel nehmen, dass er dies nicht tat, wäre doch wohl der geordnete Ablauf des Radio Day in dem Moment zu Ende gewesen, wenn die Sieger im Konzessionsgerangel bekannt geworden wären. Denn wie schon oft gesagt, der Zoff ist programmiert. Egal, wie sich der Medienminister entscheidet, egal, wie minutiös und sorgfältig die Vorbereitungsarbeiten des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) auch sind, die Unterlegenen werden Protest einlegen. Gemäss Matthias Ramsauer, Vizedirektor Radio/TV des Bakom, sollen die noch ausstehenden Konzessionen bis vor der Wintersession, d. h. bis Ende November, erteilt werden. Es wird eine Pressekonferenz geben, aber damit die Radiomacher nicht aus den eigenen Medien erfahren müssen, wer die Gewinner und Verlierer sind, werden sie morgens vor der Medienkonferenz direkt informiert. Wie taktvoll.
Nach der Rede von Moritz Leuenberger, der sich «den frischen, flexiblen und frechen Geist der Piratenzeit» zurück wünschte, sah man am Radio Day einen strahlenden Roger Schawinski. Für ihn waren die Worte Leuenbergers eine «klare Absage an Radios, die mehr Marketingleute als Redaktoren haben». Warten wir es ab.
Pierre C. Meier, Chefredaktor
pc.meier@werbewoche.ch

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