Zur Sache: Fremd-sprech gleich Hals-brech

Meine Nachbarin war mal in Innstanbul (> Istanbul). Es hat ihr ganz gut gefallen. Aber trotzdem war’s nicht so schön wie auf Madaiara (> Madeira) letztes Jahr, denn auf Madaiara gabs so viele Bogan-Villen.

Nein, keine Nobelhäuschen für türkische Feriengäste. Sie meinte die farbenfrohen Ranken mit dem botanischen Namen Bougainvillea. Ausserdem schmeckten die Apfrikosen (> Aprikosen) herrlich sapftig … Nächstens geht’s dann nach Mallorza (> Mallorca, sprich: Majorka). Ob sie eine Caipiranha (> bissiges Getränk) für mich mittrinkt? Schnapp!

Die Bätscherätt ist nicht das Musikinstrument der Tschäggättä-Masken-Träger im Lötschental, sondern unser aller Frieda Hodel (> Bachelorette, sprich: Bätschelerätt). Ex-Bachelor Rafael Beutl (> Säckli), höchstpersönlicher Liebesberater der ersten Schweizer Bachelorette und neuerdings 3+-Moderator, kann nicht so gut Englisch (> what?) – allerdings immer noch besser, als Frieda Hodel Deutsch kann (> hä?). Aber es reicht eigentlich, wenn eine Hodel einfach schön ist, auch dafür kann man geliebt werden – wenn nicht fürs ganze Leben, so doch für eine Staffel. Manche Leute finden auch einen Hodler schön. Alles Geschmackssache.

Schliesslich «sind wir viele verschiedene Charakterienne » (> haben Charaktere, Femininum? Plural?). Schön gesagt, Frieda! Und haben alle verschiedene Gehirninnen mit unterschiedlichen Kapazintätinnen. Ich Tarzan, du Jane. Der eine hat Grips, die andere gute Gene. So ist alles gerecht verteilt, mehr oder weniger. Dieses «grosse Geheimnis» haben Beutl und Hodel nach der ersten Bachelorette-Staffel gemeinsam «entlüftet». Es geht doch nichts über einen gepflegten Austausch – wovon auch immer. Heisse Luft gehört zum Sommer. Darum reicht es in dieser Jahreszeit auch, wenn man «als Kappel (> Couple) megaschön aussieht». Mehr als Sepp Blatter derzeit vorweisen kann. Lerne: Der Weg zwischen Kloster (> Kappel), Knutschen (> Frieda) und Knast (> FIFA) kann ganz kurz sein.

Gegen das Lacherpotenzial der Bätscherätt kann Klassiker Heinz-Günther aus Grevenbroich (> Grevenbräuch), der bei «Chez da Giovanni» Knotschis (> Gnocci, sprich: Njokki), Schiabatta (> Ciabatta, sprich: Tschabatta), Prösäkkö (> Prosecco, sprich: Prosekko), Pissa Proschuuto mit nen bissken Schinken (> Pizza Prosciutto) und Ekspressö (> Espresso) bestellt, in den eigens von Vujo Gavric bestellten Sonnenuntergang reiten.

Ok, mein älterer Sohn wünscht sich einen Caprolee (> Cabriolet) und mag keinen Siloot (> Salat). Aber er ist auch erst drei Jahre alt. Auch ich hatte neulich «ein fürchterliches Knutscht» – was besser klingt, als es war. Denn ich meinte Gnusch, Korrekturprogramm und mangelhafte Schweizerdeutschkenntnisse wollten etwas anderes. Und unversehens wird man zum Clown, in diesem Fall nur der Redaktion, nicht der Nation. Noch mal Glück gehabt!

Manche Zeitungszeile unterscheidet sich wenig von Blindtext. «Oxy moxy oaxy moxy», schrieb die Berliner Zeitung Ende Juni nach einem Stromausfall. Und man dachte: Das ist fein beobachtet und geschliffen formuliert. Selten trifft eine Headline so den Kern der Sache wie diese. Die Redaktion nahm’s mit Humor – in solchen Fällen die einzige Rettung. «You don’t see the wood before the trees», meinte mal ein Gimmi-Gschpänli in hitziger Diskussion – und wir haben alle furchtbar altklug gelacht. Dabei stimmt es: Auch bei den Briten sind es die Bäume, die den klaren Blick verstellen. Doch Vorsicht in Italien: Italiener sind Genussmenschen und haben, wenn sie mal wieder nichts kapieren, ihre Augen in Schinken gewickelt (> ho gli occhi foderati di prosciutto) oder eine Scheibe Salami auf den Augen (> ho le fette di salame sugli occhi). Und die Briten fangen nicht zwei Fliegen mit einer Klappe, sondern – etwas brachialer – töten zwei Vögel mit einem Stein (> kill two birds with one stone). Nur falls Sie Sprichwörter lieben und in Cornwall urlauben.

Was lernen wir: Wer eine fremde oder neue Sprache zu sprechen versucht, bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Anerkennung und Lächerlichkeit. Darauf zu setzen, dass die Hörer die Sprach- Sprech-Bemühungen wohlwollend entgegennehmen, ist müssig. Wenn einem also – à la Rafi Beutl – Worte auf den Lippen brennen (> auf den Nägeln brennen, > auf der Zunge liegen), die nicht der Muttersprache entspringen, will überlegt sein: Bin ich in den Ferien?

Wende ich meine Kenntnisse aus dem Migros-Clubschul-Kurs an und zahle dabei für alles, was ich tue? Sehe ich die Leute, denen ich meine Verbalübungen zumute, nach dem Urlaub wieder? Bin ich der Chef? Oder werden sich meine Hörer eher nicht mit Hohn zurückhalten? Das könnte für die Ferienstimmung entscheidend sein.

In diesem Sinne: Schöne Hollidays! Wir lesen uns am 21. August wieder.

Anne-Friederike Heinrich, Chefredaktorin
f.heinrich@werbewoche.ch

Sommerpause: Die Printausgabe geht mit der Ausgabe 12/13 in die Sommerpause und erscheint am 21. August wieder. Der tägliche Newsletter erscheint bis am 20. Juli und pausiert danach bis am 7. August.
 

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