Zur Sache: Relevanz

Themen sollten für den Leser relevant sein. Nur so seien diese auch bereit, für Inhalte zu bezahlen. So weit die einhellige Meinung der Medienschaffenden. Vieles von dem, was in den letzten Tagen und Wochen in den Medien erschien, kann man auch mit viel gutem Willen aber nicht als relevant bezeichnen.

Einige Beispiele:
Im Sommer 2012 hatte das Newsnetz eine Exklusivgeschichte. Ein Artikel, der die simpelsten journalistischen Grundprinzipien zwar vernachlässigte – die NZZ am Sonntag zitierte dazu die angebliche Maxime des damaligen Redaktionsleiters Peter Wälty mit den Worten «Shoot first, check later» – aber es war halt ein Primeur. Es ging um einen – gelinde gesagt idiotischen und gleichzeitig äusserst naiven – Tweet eines SVP-Politikers. Dieser Artikel führte dann auch zum persönlichen Grounding des Politikers. Unschön. Um die Sache irgendwie wieder zurechtzubiegen, erschien dann Anfang Jahr ein doppelseitiges Interview im Tages-Anzeiger mit dem eifrigen Tweet-Schreiber. Geführt wurde das Interview von Chefredaktor Strehle persönlich. Ungewöhnlich und peinlich.

Die Weltwoche entblödete sich dann nicht, letzte Woche einen Artikel über Res Strehles linke Vergangenheit zu veröffentlichen. Das Titelblatt zeigt Strehle auf einem dreissigjährigen Polizeifoto. In einer Illustration zum Artikel ist der Wochenzeitung laut der NZZ am Sonntag dann noch ein peinlicher Fehler unterlaufen: Ein Bild zeigte nicht wie geschrieben einen ehemaligen Bombenleger, sondern einen Mann fast gleichen Namens, der aber nichts mit Sprengstoffdelikten zu tun hatte. Fragwürdig und peinlich.

Die Zeitung Sonntag befragte Dominique von Burg, Präsident des Schweizer Presserates, was er vom Strehle-Bashing halte. Und der wusste nichts Gescheiteres zu sagen als: «Es ist völlig unverhältnismässig, Res Strehle derart an den Pranger zu stellen, wie das die Weltwoche auf ihrer Frontseite getan hat. Für mich ist das nicht zulässig.» Dass er durch diese Worte die Unabhängigkeit des Presserates torpediert, scheint ihn nicht zu stören. Doch irgendwann in den nächsten Monaten wird der Presserat ja dann eine Stellungnahme zum inkriminierten Wewo-Artikel abgeben müssen. Naiv und peinlich.

Äusserst relevant waren auch die Artikel über Ueli Maurers Sponsoren-Jäckli in Schladming, der Protest der Luzerner Polizei über die neueste Tatortfolge und die angebliche Schleichwerbung von Stress im Schweizerischen Farbfernsehen. Da ist der Artikel über die Frau in Neuseeland, die an Coca-Cola-Sucht gestorben ist, beinahe schon relevant und auch der Lesernutzen ist klar: 10 Liter Coca-Cola pro Tag sind ungesund.

Pierre C. Meier, Chefredaktor
pc.meier@werbewoche.ch
 

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