Zur Sache: Heisse Luft

Heute Morgen habe ich mich wieder einmal über einen grottenschlechten PR-Text geärgert. Ein Text, den man am liebsten direkt in den elektronischen Briefkasten geschmissen hätte – auch wenn das Thema von Interesse war. Keine gute Voraussetzung für einen PR-Text, von dem der Absender hofft, dass man ihn abdrucke.

Ich erinnerte mich an das Blablameter im Internet, das ich vor langer Zeit mal ausprobiert hatte. Das Blablameter sagt von sich: «(…) prüft die Texte auf unterschiedliche sprachliche Merkmale. Es wird u.a. geprüft, ob übermäßiger Nominalstil vorliegt, darüber hinaus wird der Text in unterschiedlicher Gewichtung auf bestimmte Phrasen geprüft» und weiter «Wenn das BlaBla Meter Alarm schlägt, kann man in der Regel davon ausgehen, dass auch bei einem menschlichen Leser ein inneres Warnsignal ertönt. Menschen werden heute täglich darauf trainiert, authentische Botschaften von künstlichen Werbebotschaften zu unterscheiden – es wäre naiv zu glauben, sie könnten es nicht!».

Eine amüsante Seite, die jedem zu empfehlen ist, der Texte verfasst. Sicher nicht ganz ernst zu nehmen, aber witzig und aufschlussreich. Nun also zum Feldversuch. Ich nahm zehn zufällig ausgewählte Medienmitteilungen, die ich in den letzten Tagen erhielt, und liess sie durch das Blablameter laufen. Das Ergebnis hat mich nicht wirklich überrascht. Der Mittelwert betrug 0,52, was ausgedeutscht meint: «Ihr Text signalisiert deutlich: Sie wollen etwas verkaufen oder jemanden tief beeindrucken. Es wirkt unwahrscheinlich, dass damit auch eine klare Aussage verbunden ist – und wenn ja: wer soll das verstehen?» Der beste Wert lag bei 0,3, was heisst: «Ihr Text zeigt schon erste Anzeichen heißer Luft. Für Werbe- oder PR-Sprache ist das noch ein guter Wert, bei höheren Ansprüchen sollten Sie vielleicht noch ein wenig daran feilen.» Der schlechteste brachte es auf einen Wert von 0,81, was in klaren Worten heisst: «Es stinkt gewaltig nach heisser Luft! Auch wenn Sie PR-Profi, Politiker, Unternehmensberater oder Universitätsprofessor sind – beim Eindruckschinden sollten Sie Ihre Aussage nicht vergessen. »

Der Fairness wegen analysierte ich auch zehn willkürlich ausgewählte Texte aus der Werbewoche. Der Mittelwert betrug 0,21 («Ihr Text zeigt erste Hinweise auf ‹Bullshit›-Deutsch, liegt aber noch auf akzeptablem Niveau»). Der beste Wert war 0,11 («Ihr Text zeigt nur geringe Hinweise auf ‹Bullshit›- Deutsch»). Der schlechteste war 0,28, was das Gleiche bedeutet wie 0,21 Punkte, Wieso sind PR-Texte also schlechter als redaktionelle? Eigentlich wollen sie das Gleiche: das Interesse des Lesers wecken und ihn fesseln. Fehlanzeige.

Pierre C. Meier, Chefredaktor
pc.meier@werbewoche.ch
 

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