Zur Sache: Sibyllen im Hoch

Ein immer wieder beliebtes Ratespiel in der Medienbranche sind Fragen zu den effektiven Eigentümern von Medienhäusern oder aber auch zu den eventuellen Hintermännern möglicher Käufer.

Da geht die Post ab und es kann so richtig spekuliert werden. Damit das Spiel wirklich attraktiv ist, braucht es einige Grundvoraussetzungen. Zuerst einmal ein Medium, das die Diskussion überhaupt anstösst. Dass es sich dabei meistens um eines handelt, das am Sonntag erscheint, mag nur den absoluten Amateur erstaunen. Geht es doch darum, spätestens am nächsten Montag überall zitiert zu werden. Noch besser, wenn man es mit der Geschichte in die elektronischen Medien am Sonntagabend schafft.

Weiter braucht es Informanten, die nicht genannt sein wollen, aber dennoch alles wissen, und Experten, die sehr wohl genannt sein wollen, aber gar nichts wissen. Gut ist immer auch, wenn mögliche Verschwörungstheorien mit einbezogen werden. So nach dem Motto «wer hat schon mal mit wem» und «wer will auf keinen Fall mehr mit diesem, weil der andere schon immer».

Ganz wichtig sind dann auch die Reaktionen der Direktbetroffenen. Da geht es dann wirklich zur Sache: O-Ton im Print. Fein raus sind diejenigen CEOs, die über einen Pressesprecher verfügen. Denen kommt die Aussage «zu Spekulationen nehmen wir keine Stellung» leicht über die lächelnden Lippen. Schwieriger wird es, wenn die hohen Herren direkt antworten müssen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die einen meinen äusserst aussagekräftig, dass «ein solches Engagement/Interesse weder bestätigt noch dementiert werden könne».

Oder aber man will «die Sache gegenüber der Zeitung XY nicht kommentieren». Man kann auch auf Tauchstation gehen. Dann heisst es halt, dass «bis zum Redaktionsschluss leider niemand für eine Stellungnahme erreichbar war». Nicht ganz unproblematisch dieses Schweigen, denn so kann die Geschichte skrupellos weitergedreht werden. Nun braucht es aber neue Komparsen: gute Bekannte, verfeindete Konkurrenten, ehemalige Geschäftspartner oder Kollegen aus Zunft, Verband, Guggenmusig. Es spielt eigentlich keine Rolle, woher sie kommen und wie sie heissen, ihren Namen wollen diese sowieso nicht in der Zeitung lesen. Umso prägnanter darum die Formulierungen: «er wollte schon immer» und «ich kann mir das gut vorstellen». Mit diesen neuen Aussagen kann man dann auch wieder die Experten konfrontieren – vielleicht gibt es ja neue Aspekte. In den nächsten Wochen werden wir einiges hören: TeleZüri steht zum Verkauf und am Rheinknie harren auch noch einige Geheimnisse der Enthüllung.

Da freuen wir uns doch.

Pierre C. Meier, Chefredaktor
pc.meier@werbewoche.ch
 

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