Zur Sache: Der Spatz in der Hand

Ohne lange in einer offenen Wunde stochern zu wollen: Die Printverleger haben sich durch ihre anfängliche Internet-Strategie, wertvolle Print-Inhalte kostenlos ins Web zu stellen und damit eigentlich wertlos zu machen, selbst in eine ungemütliche Situation gebracht.  

Der Leser war immer weniger bereit, für Informationen Geld zu bezahlen, das Aufkommen der Gratiszeitungen hat diesen Trend nur noch verstärkt.

Seit geraumer Zeit hat man diesen Fehler bemerkt und man versuchte, das Steuer herumzureissen. Inhalte waren zum Teil nur noch für Abonnenten frei zugänglich oder aber sie verschwanden ganz hinter einer Paywall. Die wenigsten Medienkonsumenten waren aber bereit, für etwas zu bezahlen, das sie kostenlos haben konnten. Sie hatten aber das Bedürfnis, Medieninhalte nicht nur mehr in gedruckter Form, sondern auch auf dem Bildschirm zu lesen. Und zwar wann es ihnen passte und wo es ihnen gerade genehm war. Das Aufkommen immer besserer mobiler Devices verstärkte diese Tendenz noch.

Nach der Einführung des iPhones und später dann des iPads begannen die Medienunternehmen, Überlegungen anzustellen, wie man diesem Bedürfnis entgegenkommen und erst noch Geld verdienen könnte. Apple galt plötzlich als Retter der Presse. Axel-Springer-Chef Matthias Döpfner meinte gar kurz nach Einführung des iPads: «Alle Verleger der Welt sollten sich einmal am Tag hinsetzen, beten und Apple-Chef ¬Steve Jobs danken. Er rettet mit dem iPad die Verlagsindustrie. Das ist der Beginn einer neuen Ära.» Bald tönte es ganz anders.

Das App-Store-Geschäftsmodell, das Apple an allen verkauften Inhalten 30 Prozent verdienen liess, stiess den Verlegern sauer auf. Der Europäische Zeitungsverlegerverband forderte kürzlich freien Zugang zum iPad. In einer Erklärung hiess es, dass Apple den Verlagen kein Geschäftsmodell vorschreiben solle, Verlage wollten direkt mit den Kunden verhandeln, Angebote über Online- und Print-Pakete vorstellen und generell selbstständig über Bezahlmodalitäten entscheiden.

Apple stellte diese Woche einen neuen Abo-Service vor. Verleger sollen künftig Abonnements ihrer Inhalte sowohl in- als auch ausserhalb des App-Stores anbieten dürfen. Sie können den Preis und die Laufzeit des Abonnements bestimmen. Zudem erhalten sie einen theoretischen Zugang zu den Kundendaten, denn Apple will den Kunden die Wahl lassen, ihre Daten bei der Anmeldung zu übermitteln. Unverändert bleiben aber die 30 Prozent Kommission. Und nun? Sollen die Verlage die Kröte schlucken, um dank eines einfachen Bezahlsystems eher Umsätze zu generieren als solche zu verlieren? Ich finde ja.

Pierre C. Meier, Chefredaktor
pc.meier@werbewoche.ch
 

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