Zur Sache: Geheime Wahl

Die Wahl des SRG-Generaldirektors nähert sich. In den letzten Wochen und Monaten sind immer mehr Kandidaten-Namen durchgesickert, dies obwohl sich die SRG wie üblich in Schweigen hüllt. Die diesbezügliche Begründung tönt eher hilflos: Man wolle nicht, dass unterlegene Bewerber desavouiert würden.

Auf der nicht mehr so geheimen Kandidatenliste stehen dem Vernehmen nach FDP-Nationalrat Filippo Leutenegger, Ex-CEO der Jean Frey AG und Ex-Chefredaktor des Schweizer Fernsehens, Edipresse-Chef Tibère Adler, Publigroupe-Generaldirektor Hans-Peter Rohner und gewissermassen als Überraschungskandiatin Ex-CVP-Bundesrätin Ruth Metzler, die 2003 nicht mehr wiedergewählt wurde und ihren Sitz als Justizministerin für Christoph Blocher räumen musste. Der eine Zeit lang von der SVP portierte Elvia-Chef Jürg Wittwer scheint nicht mehr im Rennen zu sein.
Weitere Namen, die herumgeboten wurden, waren Axpo-CEO Heinz Karrer, der als ehemaliger Ringier-CEO über Managementerfahrung im Medienbereich verfügt, aber vehement dementierte, dass er als Kandidat zur Verfügung stehen würde. Auch Bakom-Chef Martin Dumermuth wollte sich nicht zur Wahl stellen.
Gut getimt meldet sich Andreas Blum auf der Website der Gesellschaft für Medienkritik Schweiz (GFMKS) zu Wort. Blum war von 1979 bis 1999 Direktor von Radio DRS und er nimmt kein Blatt vor den Mund: «Die SRG wird geführt von Ökonomen, Verwaltungsjuristen und Bürokraten – Persönlichkeiten mit medienspezifischer Imprägnierung und einer Leidenschaft für den Service public sind klar in der Minderheit.» Der Ex-Radiomann steigert sich noch: «Noch nie war die Führung der SRG so schwach besetzt wie heute. Auf der obersten Hierarchiestufe – Generaldirektion und Verwaltungsrat – sitzen mehrheitlich Leute, die genauso gut in einer staatlichen Verwaltung arbeiten könnten.» Und auch zur Besetzungspolitik hat der SRG-Insider eine klare Meinung: «Die Positionen in den Verwaltungsräten genauso wie auf Stufe Geschäftsleitung werden primär nicht nach Massgabe von fachlichen Qualifikationen besetzt, sondern nach dem parteipolitischen Versorgungsprinzip oder aufgrund von persönlichen Beziehungen. Die wichtigste Voraussetzung für höhere Weihen: die Zugehörigkeit zur Nomenklatura.»
Na, da können wir uns ja auf eine tolle Wahl freuen! Unter diesen Voraussetzungen scheint eigentlich nur noch die glücklose Ex-Bundesrätin eine reelle Chance zu haben, die Nachfolge von SRG-Übervater Walpen anzutreten. Sie wäre in Folge das vierte CVP-Mitglied an der SRG-Spitze.
Pierre C. Meier, Chefredaktor
pc.meier@werbewoche.ch

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