Zur Sache: Volkes Stimme

Es gibt zwei Arten von Werbefilmfestivals: Grosse, glamouröse, von denen alle Kreativen träumen, und kleinere, die von vielen Kreativen nicht richtig ernst genommen werden. Lassen sie mich heute mal eine Lanze für ein solch kleineres Festival brechen.

Es handelt sich um das Spotlight-Festival, das immerhin schon seit dreizehn Jahren in Baden-Württemberg existiert. Zugegeben, ich bin Partei, da ich seit einigen Jahren in dessen Jury sitze. Einer Jury, die zusammengesetzt ist aus Kreativen aus Werbeagenturen und Filmproduktionen, Professoren von Filmhochschulen und einigen wenigen Journalisten.
Das Spotlight-Festival weist zwei Besonderheiten auf. Erstens gibt es in allen Kategorien jeweils zwei Preise zu gewinnen. Einen für die professionellen Werbefilme und einen für diejenigen Filme, die von Studenten von Filmhochschulen gedreht werden. Die Studenten wählen ein Produkt oder eine Dienst¬leis¬tung und briefen sich gewissermassen selbst. Zu sehen, wie angehende Filmer mit dem Medium Werbefilm umgehen, ist spannend. Zum Teil entstehen äusserst kreative Filme, die sehr oft einen Vergleich mit ihren professionellen Konkurrenten nicht zu scheuen brauchen. Filme, die nicht nur von der Idee, sondern auch von der Regie, der Kameraführung, dem Cas¬ting und der technischen Umsetzung her verblüffen. In der Jury werden die beiden Film-Kategorien mit den gleichen Ellen gemessen und müssen sich den gleichen Kriterien stellen. Diese Studenten-Filme zu sehen, ist eine interessante Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Es wäre zu hoffen, dass mehr Kreative neugierig auf diese Filme sind.
Eine weitere Besonderheit des Spotlight-Festivals ist der, dass es in den einzelnen Kategorien jeweils auch einen Publikumspreis gibt. Die Filme werden im Rahmen einer Veranstaltung einem zahlenden (!) Publikum präsentiert, das dann live elektronisch abstimmen kann. Ich sehe schon, wie manche jetzt die Nase rümpfen. Wie soll denn das tumbe Publikum einen Film bewerten? Da würden doch vor allem die plumpen Schenkelklopfer-Filme gut abschneiden. Weit gefehlt!
Die spontanen und ungefilterten Reaktionen der dieses Jahr rund 2000 Zuschauer mitzuerleben, ist schon etwas Spezielles. Bei den einen Filmen gibt es praktisch keine Reaktion, bei anderen ertönt spontaner und bei einigen wenigen dann lang anhaltender Applaus. Ähnlich wie im Kino, mit dem Unterschied, dass praktisch nie gepfiffen wird, denn die Leute wollen ja Werbefilme schauen.
Ich will hier nicht ein Festival gegen das andere ausspielen, doch mir scheint, dass die direkte Reaktion des Publikums wertvolle Hinweise auf das Funktionieren eines Spots geben kann.
Pierre C. Meier, Chefredaktor
pc.meier@werbewoche.ch

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