Zur Sache: Keiner weiss, wohin es geht

Aus der US-Hypothekenblase wurde eine Bankenkrise, diese mutierte zu einer Finanzkrise. Aus der Finanzkrise droht nun eine Wirtschaftskrise zu werden, und deshalb bereitet sich die Medienbranche schon mal auf eine allfällige Medienkrise vor.

Aus der US-Hypothekenblase wurde eine Bankenkrise, diese mutierte zu einer Finanzkrise. Aus der Finanzkrise droht nun eine Wirtschaftskrise zu werden, und deshalb bereitet sich die Medienbranche schon mal auf eine allfällige Medienkrise vor. Dabei geht es nicht nur um die ausbleibenden oder sich verringernden Werbeeinnahmen aus der Finanzbranche, welche immerhin auf Platz 3 der werbetreibenden Branchen in der Schweiz steht. Per September sank der Werbedruck der Banker gemäss Media Focus um rund neun Prozent, Tendenz steigend. Es geht um mehr.
Der Wirtschaftsaufschwung ist gebremst, die Anzeichen, dass wir haarscharf an einer Rezession vorbeischrammen werden, lösen Ängste aus. Die positive Konsumentenstimmung hat sich zwar momentan noch nicht ins Negative gewandelt, doch je mehr Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft, den Börsen und den Medien auf den Konsumenten niederprasseln, desto wahrscheinlicher wird eine solche Umkehr der Konsumentenstimmung. Einige Werbetreibende werden wegen der unsicheren Zukunftsaussichten ihre Werbung zurückfahren. Viele vielleicht schon dieses, andere vielleicht erst nächstes Jahr.
Vor rund einem Monat war ich noch einigermassen positiv eingestellt gegenüber der Entwicklung der Werbeausgaben für 2009. Heute wage ich keine Prognose mehr. All zuviel passierte in den letzten paar Wochen in der Politik und in der Wirtschaft. In den USA, in Europa und in der Schweiz. Globalisierung sei Dank. Die Linken läuten schon das Ende des Kapitalismus ein, die Neoliberalen lecken ihre Wunden und versuchen sich zu verstecken, Staaten lassen marode Finanzinstitute in Konkurs gehen und unterstützen mit vielen Milliarden andere. Die Politik ruft nach mehr staatlichen Kontrollen, nach mehr Einfluss.
Keiner weiss, wohin es geht. Die Medienbranche – und dies nicht nur in der Schweiz – wird unruhig. Man befürchtet das Schlimmste. Gemäss einer Meldung der SDA ist der Marktwert der US-Medienunternehmen jüngst teilweise dramatisch abgestürzt – laut Investmentbank Goldman Sachs um rund 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Essener WAZ-Gruppe steht vor einschneidenden Sparmassnahmen. Es geht um Einsparungen von rund 30 Millionen Euro. Ringier will oder muss sparen. Man spricht von unbestätigten 50 Millionen. Schon gespart hat die Edipresse: 20 Millionen für die nächsten zwei Jahre. Weitere Sparmassnahmen werden folgen. Wir können nur rätseln, wer die nächsten sind. Ist es die NZZ oder gar die allmächtige Tamedia mit ihrem Flaggschiff Tages-Anzeiger? Auf alle Fälle sind es trübe Aussichten.
Trübe Aussichten auch für alle, die diesen Freitag die lang ersehnten Sendekonzessionen für Lokalradio und -Fernsehstationen nicht erhalten werden. Schöne Aussichten hingegen für die Gewinner der begehrten Konzessionen. Einigen von ihnen winkt wenigstens Geld vom Staat.

Pierre C. Meier, Chefredaktor
pc.meier@werbewoche.ch

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