Zur Sache: Mattscheibe

Da verirrt sich ein Eichhörnchen in das Unterwerk Aubrugg des Elektrizitätswerkes der Stadt Zürich, es gibt einen Kurzschluss, das arme Tier wird gegrillt – vollständiger Stromausfall in Zürich Nord. So weit, so gut, das kann passieren.

Da verirrt sich ein Eichhörnchen in das Unterwerk Aubrugg des Elektrizitätswerkes der Stadt Zürich, es gibt einen Kurzschluss, das arme Tier wird gegrillt – vollständiger Stromausfall in Zürich Nord. So weit, so gut, das kann passieren. Obwohl die Frage erlaubt sei, warum ein solch wichtiges Unterwerk nicht so konzipiert ist, dass freilaufende Tierchen keinen Kurzschluss verursachen können? Es könnten ja auch marodierende Nachtbuben oder sonstige Bösewichte sein. Doch lassen wir das.
Betroffen war auch das Areal des Schweizer Fernsehens. Während Banken und Spitäler, für die eine ununterbrochene Stromversorgung lebensnotwendig ist, über eine effektive Notstromversorgung verfügen, scheint dies beim Service-public-Sender SF nicht der Fall zu sein. Leutschenbach ist für einen solchen Notfall nicht gerüstet. Es gibt zwar ein Notstromkonzept, aber das ist so dimensioniert, dass es nur in der Lage ist, einzelne Sendungen punktuell zu stützen. Falls der Strom im ganzen Areal ausfällt, reiche es nicht, so SF-Sprecher Marco Meroni zu den Medien. Toll.
Die Folge war, dass das Programm von SF anderthalb Stunden unterbrochen war. Nix also mit dem GP von Valencia, nix mit der olympischen Schlussfeier. Die Glotze blieb dunkel und die Zuschauer wanderten zu den ausländischen Sendern ab. Vielleicht blieben sie auch dort. Pech gehabt. In jedem anderen Unternehmen wäre ein solcher Zwischenfall ein Super-GAU. Nicht aber beim Schweizer Fernsehen. Eine betroffene Fernseh-Direktorin, die sich in der «Tagesschau» entschuldigt, war grad alles. Eine Notstromversorgung, die einen Ausfall verhindern würde, wäre nur mit sehr hohen Kosten realisierbar, heisst es aus Leutschenbach. Die Hoffnung, dass schon nichts passiert, hat die Fernsehverwalter auf dem falschen Fuss erwischt. Peinlich, unnötig und lächerlich ist die ganze Angelegenheit. Ein Sender, der so viel Wert auf Service public legt, sollte eigentlich unter allen Umständen jederzeit senden können. Möchte man meinen.
Das ist Dilettantismus in reinster Form. Nur ein öffentlich-rechtlicher Sender, der von Zwangsgebühren profitiert, kann sich eine solche Haltung weit weg von Kundenorientiertheit leisten. Es geht nicht nur um verärgerte Zuschauer. Es geht auch um Werbekunden, die ihre Spots im Umfeld der Übertragungen gesendet haben wollten und nicht irgendwann abends in einer Wiederholung mit entsprechend tieferen Zuschauerzahlen. Es ist anzunehmen, dass diese Einbussen bei den Ratings entschädigt werden, aber das macht die Blamage nicht kleiner.
Oder vielleicht kommt das ganze Desaster der SRG sogar zupass, als weiteres Argument für die nächste Gebührenerhöhung. Wer weiss? Glückliche Umstände.
Pierre C. Meier, Chefredaktor
pc.meier@werbewoche.ch

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