Twint und Paymit fusionieren

Die fünf grössten Schweizer Banken Credit Suisse, Postfinance, Raiffeisen, UBS und ZKB, die Finanzinfrastrukturdienstleisterin SIX, die Detailhändler Coop und Migros sowie Swisscom haben sich auf eine gemeinsame Lösung für ein Schweizer Mobile-Payment-System verständigt.

Es verbindet die Stärken von Paymit und Twint und bietet eine plattformunabhängige, wettbewerbsfähige und kundenfreundliche Lösung für alle Marktteilnehmer. Neben der Payment-Funktion sind Mehrwertleistungen massgebende Elemente der gemeinsamen Lösung. Die Zusammenlegung der beiden heutigen Systeme erfolgt im Laufe des Herbstes 2016. Nutzer und Händler von Paymit und Twint können die zwei Systeme bis zur Migration auf die neue Plattform wie gewohnt einsetzen.

Weiterentwicklung und Betrieb werden an ein eigenes Unternehmen übertragen, an dem die fünf grössten Banken und SIX beteiligt sein werden. Es wird von Jürg Weber präsidiert und von Thierry Kneissler als CEO geleitet.

Die neun Unternehmen haben Ende März 2016 ergebnisoffene Sondierungsgespräche für eine gemeinsame Mobile-Payment-Lösung angekündigt (Werbewoche.ch berichtete). Ziel der Gespräche war die Abklärung der Machbarkeit eines gemeinsamen, kundenfreundlichen mobilen Zahlungssystems, das rasch verbreitet und schweizweit sowohl im stationären Handel als auch bei Online-Einkäufen und weiteren Anwendungen verwendet werden kann. Im Mai konkretisierten sich die Gespräche, wie die Sonntagspresse vermeldete (Werbewoche.ch berichtete).

Stärken beider Systeme gebündelt

Die beteiligten Unternehmen haben sich nun darauf verständigt, ein gemeinsames Mobile-Payment-System zu betreiben, das die Vorteile der beiden bisher getrennt betriebenen Systeme Paymit und Twint vereint. Das neue System tritt unter der Marke «Twint» auf. Es erfolgt ein umfassendes Re-Branding, das der gemeinsamen Schweizer Mobile Payment Plattform Rechnung trägt. Die gemeinsame Plattform steht allen Konsumentinnen und Konsumenten sowie sämtlichen Händlern offen – vom Grossverteiler bis zur Espresso-Bar, Banken, Herausgebern von Zahlkarten (Issuer), Abrechnungsunternehmen (Acquirer) sowie allen weiteren in- und ausländischen Marktteilnehmern. Sie ist kanalübergreifend an der Ladenkasse, im E-Commerce, in Apps, an Automaten sowie zwischen Personen einsetzbar. «Wir arbeiten nun mit Hochdruck daran, die beiden Systeme zu migrieren und die gemeinsame Plattform allen Händlern und Endkunden im Laufe des Herbstes 2016 verfügbar zu machen», erklärt Thierry Kneissler, der als CEO das neue Unternehmen leiten wird.

Die Plattform kombiniert die Stärken von Paymit und Twint. Ausserdem kann jede Partnerbank, wie bei Paymit, ihre eigene Applikation im Co-Branding herausgeben, und dem Handel steht die Option von Twint offen, eigene Kundenkarten ins System einzubinden. «Ich bin froh, dass unsere Anstrengungen für innovative digitale Lösungen im Finanzbereich hier zu einem gemeinsamen Ganzen geführt haben, wo wir das Beste aus den zwei Welten zusammenbringen konnten», meint Lukas Gähwiler, President UBS Switzerland.

Weitreichende Funktionalitäten

Von der gemeinsamen Zahlungslösung profitieren laut Mitteilung insbesondere die Nutzer. Sie werden eine breite Akzeptanz im stationären Handel vorfinden, online und in Applikationen von Händlern einkaufen, Rechnungen begleichen und an Automaten Lebensmittel, Parkscheine, Skipässe sowie weitere Güter und Dienstleistungen bezahlen können. Auch Überweisungen unter den Nutzern werden weiterhin möglich sein. Zudem kann der Nutzer wählen, wie er seine mobile Zahlung begleichen will: Die neue Zahlungslösung akzeptiert sowohl die Anbindung eines Bankkontos als auch einer Kredit- oder Prepaidkarte sowie das Aufladen per Vorauszahlung (Prepaid). Auch die Händler profitieren von der gemeinsamen Lösung: Mehrwertleistungen, wie die Integration von Kundenkarten, Stempelkarten oder Promotionsrabatten (Mobile-Couponing) stehen interessierten Händlern und Kunden zur Verfügung.

«Wir sind sehr erfreut, dass wir nun eine Lösung haben, die technologisch innovativ ist und bei der wir die unterschiedlichen Funktionalitäten von Paymit und Twint zu Gunsten der Kundinnen und Kunden verbinden konnten», meint Alexandre Zeller, Präsident des Verwaltungsrates von SIX.

Dank des gemeinsamen Standards entfällt eine Mehrfachintegration verschiedener Zahlungsverkehrslösungen und spart damit Investitionskosten für die Händler. Die Lösung ist technologisch offen, um vorhandene und zukünftige Übermittlungstechnologien wie Bluetooth, QR-Code und NFC zu integrieren. Insbesondere lassen sich neben den Twint-Terminals (Beacons) die ebenfalls vorhandenen Zahlterminals aller Anbieter in das System integrieren. Dies mit dem Ziel, eine möglichst rasche und weitreichende Marktdurchdringung zu erreichen. Auch Kleinsthändler oder Dienstleistungsunternehmen können sich ohne grosse Investitionen ans System anschliessen. Damit können wir den bundesrätlichen Auftrag, eine moderne Zahlungsverkehrs-Infrastruktur bereitzustellen, gemeinsam mit unseren Partnern aus dem Schweizer Finanzplatz und des Handels erfüllen», ergänzt Hansruedi Köng, CEO von Postfinance.

Eigenes Unternehmen

Der Betrieb der gemeinsamen Lösung wird an ein eigenes Unternehmen namens Twint AG übertragen, an dem die fünf grössten Banken und SIX beteiligt sind und das weiterhin mit bestehenden strategischen Partnern, u.a. Swisscom für die Bankenintegration, zusammenarbeiten wird.

Der VR setzt sich aus dem Kreis der Eigentümer zusammen. Das Präsidium wird Jürg Weber, Division CEO Payment Services von SIX übernehmen. Als CEO wird Thierry Kneissler das Unternehmen führen. Er leitet heute Twint, ein Tochterunternehmen von Postfinance. «Es wird nun darum gehen, den gemeinsamen Willen zu einem innovativen und wettbewerbsfähigen mobilen Zahlungssystem durch verlässliche Strukturen und Prozesse schnell in eine qualitativ hochstehende Dienstleistung für die Konsumenten und den Handel zu überführen», ergänzt der designierte Verwaltungsratspräsident Jürg Weber.

Die Umsetzung der gemeinsamen Mobile-Payment-Lösung bedarf noch der Zustimmung der zuständigen Wettbewerbsbehörden. Vorbehältlich dieser Entscheide soll eine gemeinsame Lösung im Laufe des Herbstes 2016 einsatzbereit sein. Bis zu diesem Zeitpunkt können Nutzer von Paymit und Twint unverändert die Dienste und Funktionen ihres Anbieters in Anspruch nehmen. Bestehende Verträge sollen lösungsabhängig überführt werden.

Weitere Artikel zum Thema