Digtial Marketing – wie wichtig sind Diplome?

Diplome werden je länger, je wichtiger. Gerade für die berufliche Laufbahn. Doch wer sich im Digital Marketing gezielt weiterbilden will, muss nicht zwingend auf Diplome setzen.

Im digitalen Bereich können auch zertifizierte Weiterbildungen oder Trainings je nach Bedürfnissen eine spezialisierte Weiterbildung garantieren. Doch macht es Sinn, eine Ausbildung zu absolvieren, welche keinen Diplom-Abschluss verspricht? Und welchen Wert hat eine solche Ausbildung dann überhaupt für die berufliche Laufbahn? Auf der anderen Seite verändern sich gerade im Digital Marketing die Bedingungen rasant. So stellt sich die berechtigte Frage, ob ein Diplomlehrgang über mehrere Jahre nicht bereits veraltet ist, bevor der Abschluss erreicht ist. Hinzu kommt, dass Diplomlehrgänge meist sehr kostenintensiv sind, eine Wahl also nicht leichtfertig getroffen werden kann. Die Werbewoche hat zwei Ausbildungsexperten um ihre Einschätzung zu diesem Thema gebeten. Antworten geben Raphaela Höhn, die zusammen mit Kristina Kaiser für die IAB-Diplomlehrgänge Digital Marketing verantwortlich ist, und Evelyn Leu, Training Specialist bei Google Schweiz und Österreich.  Ursina Maurer

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Raphaela Höhn ist, gemeinsam mit Kristina Kaiser, für die IAB-Lehrgänge Digital Marketing verantwortlich.

Wie wichtig Diplome im digitalen Marketing sind – und wie lange diese überhaupt Gültigkeit haben –, beantwortet Raphaela Höhn. Sie ist der Ansicht, dass ein Diplom nicht veralten kann, wenn das Wissen in der Praxis regelmässig und gezielt angewendet wird.

WW: Diplome sind nicht immer notwendig, Knowhow kann man sich auch in der Praxis – oder eben in Trainings – aneignen. Stimmt das?
Praxis und Erfahrungen im Job sind das Wichtigste. Aber oft fehlt einem während oder nach der Arbeit die Zeit, ergänzende oder neue Themen zu erlernen. Zudem sind Diplome für Bewerbungen hilfreich, da man damit einen gewissen Wis-sensstand belegen kann. Vor allem in jungen Jahren helfen Diplome, im Job voranzukommen, den Horizont zu erweitern und Lernwillen zu zeigen.

Was spricht für eine Weiterbildung mit Zertifizierung oder Diplom?
Ein Diplom untermauert das Erlernte, da man auf die Prüfung lernen muss und der Wissensstand abgefragt wird. Bei einem Kurs mit Teilnahmebestätigung kann der Teilnehmer sich auch nur berieseln lassen, ohne sich aktiv mit dem Stoff auseinanderzusetzen. Was die IAB-Zertifizierung anderer Schulen/ Kurse angeht, so bestätigt die IAB damit, dass der Digital-Marketing-Inhalt ein gewisses Niveau, eine gewisse Relevanz hat. Als Fachverband ist es uns ein Anliegen, dass wirklich Digital Marketing drin ist, wo Digital Marketing drauf steht.

Das Digital Marketing ist vielen Veränderungen und Neuerungen unterworfen. Kann sich der Diplomlehrgang Digitales Marketing (Grund- und Aufbaukurs) diesen Veränderungen schnell genug anpassen?
Ja, definitiv. Alle unsere Referenten sind Fachleute aus der Praxis. Sie erleben die Veränderungen täglich bei ihrer Arbeit hautnah und können sie dann eins zu eins an die Kursteilnehmer weitergeben.

Lernen auf Raten macht meist nicht viel Sinn. Wie lange ist ein solches Diplom gültig, und wie kann die IAB sicherstellen, dass ein solches auch in fünf Jahren nicht bereits veraltet ist?
Jedes Diplom «veraltet», wenn man das Erlernte nicht aktiv anwendet. Es liegt in der Natur der Dinge, dass die Welt nicht stillsteht. Beim Digital Marketing gehen die Veränderungen etwas schneller voran als bei anderen Themen. Aber man muss überall dranbleiben. Somit liegt es an jedem selber, ob er ein Diplom beziehungsweise das Erlernte «veralten » lassen will oder nicht. Die IAB kann nur belegen, dass jemand zum Zeitpunkt der Diplomvergabe einen gewissen Wissensstand hatte.

Digital-Marketing-Lehrgang

Die IAB Switzerland hat vor rund drei Jahren den Digital-Marketing- Lehrgang für Einsteiger gestartet. Dies zusammen mit den Partnern Blick.ch, Goldbach Audience, Google, Microsoft, NZZ, Publimedia, Swisscom, Tamedia und Tradedoubler. In der Zwischenzeit sind weitere Partner und Kursangebote hinzugekommen. Die Kurse der IAB Academy richten sich an Personen aller Berufsgattungen, die ein Grundwissen in Digital Marketing erwerben und/oder in den Bereich der digitalen Medien einsteigen möchten. Die Nachwuchsförderung und Marktentwicklung ist dem Country-Director von Google Schweiz, Patrick Warnking, ein Anliegen: «Agenturen und Werbetreibende teilen uns immer wieder mit, dass sie einen dringenden Bedarf an Nachwuchs im Bereich Online-Marketing haben. Diese Herausforderung hat die IAB aufgegriffen und mit uns und anderen Partnern einen Lehrgang für Online Marketing entwickelt. Diese Brancheninitiative startete im April 2012 – und sie hat uns auch veranlasst, selbst der IAB beizutreten. Im Rahmen der Digital-Marketing- Grund- und -Aufbaukurse engagieren wir uns mit Kursen zu Suchmaschinen-Marketing. Wir glauben, dass wir damit einen sinnvollen Beitrag zur Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Schweiz leisten können.»

Know-how für die Handhabung eines spezifischen Tools

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Evelyn Leu gibt kostenlose Trainings zu Google AdWords, dem Google-Display-Netzwerk, Werbung mit YouTube, aber auch zu Themen wie Google Analytics oder Google Shopping. Leu nimmt gleichzeitig auch als Ausbildnerin am IAB-Diplomlehrgang Digitales Marketing (Grundkurs) mit einem Modul zu Suchmaschinenmarketing teil. Sie ist der Ansicht, dass ein zusätzlicher CAS etwa nicht immer zwingend notwendig ist.

WW: Diplome sind nicht immer notwendig, Knowhow kann man sich auch in der Praxis – oder eben in Trainings – aneignen. Stimmt das? Und was spricht für eine reine Spezialisierung?
Wenn ich schnell und konzentriert eine Ausbildung brauche, die ich auch gleich in der Praxis anwenden kann, muss ich als Erstes überlegen, wie viel Aufwand ich investieren kann. Je nach persönlicher Situation kann der Besuch einer Fachhochschule oder eines CAS sinnvoll sein. Möchte ich gezielt Wissenslücken schliessen oder mich auf ein spezifisches Tool bezogen weiterbilden, können praxisbezogene Weiterbildungen und Trainings zielführend sein. Gerade Einzelunternehmen und KMU benötigen für ihre digitale Marketing-Strategie nicht zwingend einen zusätzlichen CAS, sondern lediglich das Know-how für die Handhabung eines spezifischen Tools, wie etwa Google AdWords, Google Analytics oder Display-Werbung. Viele Nutzer dieser Instrumente starten, ohne sich Ziele zu setzen und ohne ein Basis-Know-how. Dies kann leicht zu Misserfolgen führen. Mit einem spezifischen Training sind sie jedoch in der Lage, eine gezielte Kampagne mit konkreten Zielen zu starten und die Ergebnisse dann auch in harten Zahlen zu messen und zu analysieren. Die Trainings gehen von Grundkursen bis zu spezialisierter Know-how- Vermittlung.

Aber ein Gratis-Google-Training – das klingt ein wenig nach Verkaufsveranstaltung.
Meine Trainings sind nicht darauf ausgerichtet, den Besuchern das Tool als einzig Wahres anzupreisen. Vielmehr zeige ich Interessenten die Möglichkeiten auf, wo sie unsere Tools einsetzen und wie sie diese ausprobieren können. Ich möchte lediglich dasjenige Wissen vermitteln, das die Personen benötigen, um das Tool erfolgreich einsetzen zu können.

Sie vermitteln das Wissen der Google-Trainings auch im Diplomlehrgang Digitales Marketing der IAB. Ist hier die Ausrich-tung sehr viel anders?
Vom Inhalt her unterscheiden sich die Kurse nicht so stark. Beim IAB-Modul gehe ich nicht so detailliert auf die Arbeit in einem AdWords-Konto ein. Im IAB-Digital-Marketing-Grundkurs gebe ich einen Einblick ins Suchmaschinenmarketing mit Google AdWords und welche Faktoren dabei erfolgsentscheidend sein können. Das IAB-Grundlagen-Modul bildet eine solide Basis und kann als Ergänzung zum klassischen Marketing dienen. Der Digital- Marketing-Aufbaukurs baut auf diesem Know-how auf. Im Vertiefungsmodul wird dann gezielt die Praxis um das Google-AdWords-Know-how gefördert. So liegt der Fokus hier auf Themen wie der Kampagnenstruktur oder den Optimierungsmöglichkeiten einer Kampagne.

Was spricht für eine Weiterbildung mit Zertifizierung oder Diplom?
Für den Lebenslauf sind Zertifikate und Diplome extrem wichtig. Man ist aber bereits davon weggekommen, reine Theorieausbildungen zu machen, da man festgestellt hat, wie wichtig der Praxisbezug ist. Aber «Lernen auf Vorrat» ist gerade im Bereich des digitalen Marketings nicht sinnvoll, da die Entwicklung in rasantem Tempo voranschreitet. Eine Weiterbildung macht in diesem Fachbereich vor allem dann Sinn, wenn die Möglichkeit besteht, das Gelernte in der Praxis umzusetzen – idealerweise auch gleich während der Kurse.

Google-Trainings

Die Google-Trainings (www.google.ch/ads/training) sind für alle Interessierten aus den Bereichen wie KMU, Media- und Kreativagenturen sowie für Studierende offen. Zudem hat die Google-Partner-Academy speziell für Agenturen Trainings entwickelt. Auf die Trainings folgen zertifizierte Prüfungen, welche Google weltweit anerkennt. So sind diese Zertifikate zwar nicht staatlich anerkannt, trotzdem aber nicht nur ein Pluspunkt im Portfolio, den auch die IAB im Diplomlehrgang Digitales Marketing berücksichtigt, sondern gerade für Selbstständige, KMU oder Brancheneinsteiger eine gefüllte Wissenslücke.
 

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