Fernsehen: Ausbruch aus dem Wohnzimmer

Die Digitalisierung der Fernsehübertragung führt zu einem stark veränderten Nutzungsverhalten. Dies zeigt der am 2. Dezember vorgestellte IGEM-digiMonitor der Interessengemeinschaft elektronische Medien und der WEMF.

Die Fernsehprogramme sind endgültig aus dem Wohnzimmer ausgebrochen. Sie können heute über fast alle Geräte und praktisch jederzeit genutzt werden. Nicht zuletzt deshalb sehen 90 Prozent der Bevölkerung in der deutschen und französischen Schweiz mindestens einmal wöchentlich über irgendein Gerät fern. 18 Prozent tun dies über ihren PC oder das Laptop, noch halb so viele über ein Tablet und ein Drittel so viele über das Smartphone. Von denjenigen, die auf einem Smartphone das Internet nutzen, geben immerhin 14 Prozent an, live über Streaming Fernsehprogramme zu sehen. In der Westschweiz und in der jungen Altersgruppe ist dieses Verhalten signifikant beliebter. Bei denjenigen, die über ein Tablet ins Internet gehen, gibt rund ein Drittel an, live fernzusehen. Hier gibt es nur in der Altersgruppe ab 55 Jahren signifikante Abweichungen nach unten. Leicht tiefer ist die Nutzung von Live-TV bei denjenigen, die das über PC oder Laptop tun (siehe Grafik «Bewegtbildnutzung») PC oder Laptop dienen am häufigsten als Zweitgerät, weil das normale TV-Gerät von anderen Personen benutzt wird. Beim Fernsehen über ein Tablet tritt dieses Argument an die zweite Stelle. Hier geht es vor allem darum, an Orten oder in Räumen fernsehen zu können, wo kein Fernsehgerät zur Verfügung steht. Die wenigen, die über das Smartphone fernsehen, tun dies weitaus am häufigsten unterwegs. Wer aber die Wahl hat, bevorzugt ganz klar das klassische TV-Gerät. Bei den Jungen geben aber immerhin gut 15 Prozent an, am liebsten über Laptop oder PC fernzusehen.

64 Prozent der Jungen sehen auch fremd

Praktisch alle Befragten sehen mindestens gelegentlich zu Hause fern. Was ja kaum erstaunt. Aber immerhin 42 Prozent tun dies auch bei Freunden und Bekannten. Bei Jungen im Alter zwischen 15 und 34 Jahren sind es sogar 64 Prozent, während es bei Leuten ab 55 Jahren nur gut ein Viertel ist. Aber auch hier gilt die Aufmerksamkeit nicht immer dem Geschehen auf dem Bildschirm. Denn das TV-Gerät hat Konkurrenz durch die Screens von Laptop, Tablet und Smartphone erhalten. Einen solchen Second Screen nutzen rund 44 Prozent mindestens einmal pro Woche parallel zum Fernsehen. Bei Jungen im Alter von 15 bis 34 Jahren sind es sogar mehr als zwei Drittel. 40 Prozent der Jungen tun dies sogar praktisch täglich. Allerdings sind auf diesen zweiten Bildschirmen eher selten Inhalte zu finden, die mit dem ausgestrahlten Fernsehprogramm zusammenhängen. Und dies in praktisch allen Bevölkerungssegmenten. Was man ja auch schon aus dem Mediapulse Fernsehpanel weiss: Die zeitversetzte Nutzung von TVProgrammen wird immer beliebter. Dazu tragen vor allem die immer einfacheren Nutzungsmöglichkeiten bei. Mit Swisscom-TV 2.0 plus lassen sich über 250 Programme noch bis zu 7 Tage nach der Erstausstrahlung nutzen, ohne dass man dazu vorher irgendeine Vorkehrung treffen muss. Wie ein Artikel von Luca Bringold im neuen Media Trend Journal (erscheint kurz vor Weihnachten) zeigt, ergibt sich daraus ein stark verändertes Nutzungsverhalten.

Junge sehen TV sehr häufig zeitversetzt

Der IGEM-digiMonitor zeigt, dass im August/September 2014 knapp 40 Prozent der Bevölkerung in der deutschen und französischen Schweiz angegeben haben, mindestens einmal pro Woche zeitversetzt fernzusehen. Bei den Jungen ist es sogar deutlich über die Hälfte. Rund ein Fünftel derjenigen, die über ein Tablet das Internet nutzen, sehen darauf zeitversetzt fern. Sie tun dies zu mehr als einem Drittel, weil sie über kein TV-Gerät verfügen. Wer über ein Smartphone das Internet nutzt, sieht dagegen deutlich weniger zeitversetzt fern. Analog zum Live-TV-Konsum auf dem kleinen Bildschirm ist auch hier der Anteil in der Westschweiz und bei den Jungen signifikant höher. Bei der Nutzung von Video on demand sind die Computer in allen Grössen sehr beliebt. Rund ein Drittel der Bevölkerung schaut sich mindestens einmal wöchentlich ein solches Video auf YouTube, einer Online-Videothek oder als Podcast an (siehe Grafik «Nutzung Video on Demand»). Dass die Nutzung über Smartphones höher ist als diejenige über das Tablet liegt daran, dass es mehr Smartphones als Tablets gibt. Nimmt man die effektiven Nutzer der entsprechenden Geräte liegt das Tablet leicht vor dem Smartphone. Fasst man Fernsehen live und zeitversetzt zusammen, wird klar, dass die Nutzung über Alternativgeräte nach wie vor eher tief ist. Die entsprechende Grafik zeigt aber, dass immerhin 18 Prozent der Gesamtbevölkerung angeben, dies mindestens wöchentlich über eine PC oder Laptop zu tun (siehe Grafik «TV-Nutzung live oder zeitversetzt über Alternativgeräte

Ueli Custer

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