Die ganze Wahrheit

Die am Medienforschungstag der WEMF präsentierten Ergebnisse der Teststudie zur Nutzung digitaler Kanäle zeigen, dass Tausende von Medianutzern mit der aktuellen Print-only-Erfassung durch die Maschen fallen. Die WEMF kündigt eine Line Extension bei der MACH Basic an.

Am Medienforschungstag vom 24. September 2014 hat die WEMF angekündigt, die bisherige Printonly- Währung mit der Nutzung von elektronischen Endgeräten zu ergänzen. Nun ist es allerdings nicht so, dass bis anhin nichts geschehen wäre. Seit drei Jahren publiziert die WEMF, in Zusammenarbeit mit NET-Metrix, die Studie Total Audience. Sie gilt nach wie vor als Pilotstudie und zeigt die kombinierten Reichweiten einer gedruckten Medienmarke und der jeweils entsprechenden Website. Damit informiert sie über die Gesamtnutzerschaft von Medienmarken. Allerdings hat die aktuelle Total-Audience-Studie zwei Nachteile. Erstens gibt es innerhalb der elektronischen Medianutzung keine Differenzierung nach Kanälen. Es kann also nicht unterschieden werden, ob die Nutzer von Websites, mobilen Angeboten oder E-Paper kommen. Und zweitens beteiligen sich bei der Total-Audience-Studie nicht einmal 10 Prozent der Titel, die in der MACH Basic enthalten sind.

Printmedien, die mit den letzten MACH-Erhebungen Leser eingebüsst haben, hegen dank der WEMF-Ankündigung berechtigte Hoffnungen, mit der Erfassung der digitalen Nutzung (E-Paper) die angelaufenen Verluste mindestens teilweise zu kompensieren. Dass wohl viele Leser durch die Print-only-Erfassung durch die Maschen fallen, zeigt sich am Beispiel der NZZ und der NZZ am Sonntag. Der Verlag hat kürzlich seine beglaubigten Print- und E-Paper-Auflagen präsentiert. Beglaubigen lassen sich nicht bloss die Printauflage, sondern ebenso die digitalen Abos. Dabei handelt es sich aber nur um die so genannten Replicas. Unter Replica versteht man die digitale Einszu- eins-Übernahme der gedruckten Zeitung. Aufmachung und Inhalt entsprechen dem Printprodukt. Damit sind auch alle Inserate enthalten. Die Gesamtauflage entspricht also dem effektiven Werbewert des Mediums. Ein Blick auf die Auflagenstruktur zeigt, dass die NZZ zwischenzeitlich mehr als 18 000 E-Paper-Auflage hat. Das sind rund 16 Prozent der Totalauflage oder 19 Prozent der Print-Auflage. Da die MACH bis heute nur die Leser der gedruckten Ausgabe erfasst, fehlen die Leserinnen und Leser des EPaper- Angebots. Wenn keine Systemänderung vorgenommen wird, läuft der Titel Gefahr, forschungsbedingt weiter Leser zu verlieren, weil immer mehr auf das Digital-Angebot zurückgreifen. Gegenüber dem Vorjahr hat sich die verbreitete Replica-Auflage der NZZ und NZZ am Sonntag zusammen auf 34 002 verdoppelt. Die 34 000 Digital-Abos generieren Leserinnen und Leser, die mit der aktuellen MACH Basic nicht erfasst sind. Allerdings ist davon auszugehen, dass aus E-Paper-Auflagen weniger Leser erwachsen als aus den gedruckten Exemplaren. Gedruckte Auflagen von abonnierten Zeitungen generieren zwei bis drei Leser pro Exemplar.

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WEMF-Teststudie strebt die ganze Wahrheit an

Die seitens der WEMF im Rahmen des Medienforschungstages vorgestellten Neuerungen erfüllen die Anforderungen der digitalen Nutzung – soweit als heute möglich. Harald Amschler, Forschungsleiter der WEMF, spricht von «good enough» und meint damit, dass die Forschungskonzepte natürlich immer verbessert werden können. Aber letztlich geht es darum, vorläufig den Spatz in der Hand zu haben! Die Branche freut sich.

Die Teststudie zeigt die Nutzer nach Medienmarken. Innerhalb der Medienmarke kann zwischen folgenden Nutzergruppen unterschieden werden: Printprodukt, PC, Smartphone, Tablet und E-Paper. Daraus lassen sich sowohl Brutto- als auch Nettoreichweiten ableiten. Die Publikation der Teststudie ist für den November 2014 angesagt. Falls die Teststudie plausible Ergebnisse bringt, erfolgt der Einbau ihrer Elemente in die MACH Basic und in die Total-Audience- Studie.

Otto Meier
 

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