«Print muss sich unentbehrlich machen»

Seit dem 11. September erscheint das Elternmagazin Fritz+Fränzi in neuem Gewand und mit neuen Inhalten. Die Werbewoche sprach mit Dr. Ellen Ringier, Präsidentin der Stiftung Elternsein, die Fritz+Fränzi herausgibt, über den Relaunch und den Weg, den Fritz+Fränzi künftig beschreiten wird.

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WW: Ellen Ringier, Fritz+Fränzi erscheint seit 2001. Stammten das jetzt erneuerte Layout und das Inhaltskonzept noch aus dieser Zeit?
Ellen Ringier: Nein, es hat zwischendrin diverse Änderungen gegeben. Ich bin ja Juristin und hatte keine Ahnung, wie man ein Magazin macht. Ich war mir zum Beispiel nicht bewusst darüber, dass man einen Verlagsleiter braucht, und habe auch mit anderen Professionalisierungsmassnahmen viel zu lange gewartet. Erst 2007, vor sieben Jahren also, haben wir von Beling Thoenen Design das Layout professionell entwickeln lassen, so entstand das Gesicht von Fritz+Fränzi, das man bis anhin kannte. Und ein Jahr später, im September 2008, haben wir Thomas Schlickenrieder als Verlagsleiter eingesetzt.

Was machte jetzt einen Relaunch notwendig?
Das alte Layout war lange aktuell und sehr schön. Aber wir fanden, wir müssten das Heft wieder mal ein wenig aufräumen. Und modernisieren.

Die neue Gestaltung erinnert an «wir eltern». War das beabsichtigt?
Nein, ganz und gar nicht – da bekomme ich gerade einen Schreck. Aber ich empfinde das auch nicht so. Den Weissraum oben wollten wir nicht mehr, stattdessen ein ganzseitiges Titelbild. Und bei der Platzierung des Titels ist der Spielraum natürlich begrenzt, er steht immer oben auf der Seite. Ansonsten folgen natürlich auch wir gewissen Trends in der Gestaltung. Ich finde, wir haben etwas sehr Eigenständiges erarbeitet.

Das Magazin hat auch einen neuen Namen: «Das Schweizer Elternmagazin Fritz+Fränzi». Warum der sperrige Titel?
Viele, die das Magazin nicht kannten, dachten, Fritz+Fränzi sei ein Magazin für Kinder. Deshalb gab es immer Klärungsbedarf. Wir wollten deshalb schon im Titel darauf hinweisen, dass es ein Magazin für Eltern ist. Doch gleichzeitig wollten wir den Namen Fritz+Fränzi, der längst zu einer Marke geworden ist, nicht aufgeben. Heute würde auch niemand mehr eine Zeitschrift «Der Stern» oder «Der Spiegel» nennen, aber irgendwann verselbstständigen sich solche Titel einfach. Für diejenigen, die das Magazin kennen, wird es Fritz+Fränzi bleiben. Und für die anderen sind Zuschnitt und Zielgruppe nun klarer.

Was hat sich inhaltlich geändert?
Wir wollen noch lösungsorientierter sein und noch mehr den Charakter eines Ratgebers für Eltern haben. Das zeigt sich in der Aufbereitung der Themen bis hin zu den grafischen Elementen. Unsere Leser sollen durch Boxen, Charts, Grafiken und kleine Textzusammenfassungen möglichst nah an eine Lösung für ihr Problem kommen. Wir verstehen uns als Dienstleistungszeitschrift, die die gleichen Ziele verfolgt wie die Stiftung Elternsein: Erstens Stärkung der Elternkompetenz in einem Themenkreis, in dem es keine andere Elternzeitschrift gibt. Zweitens Public Awareness, also die Öffentlichkeit davon in Kenntnis setzen, dass Familien zum Teil gravierende Probleme haben. Wir müssen in unserem Land endlich aufhören, wegzuschauen. Und drittens Networking. Ursprünglich war die Idee, dass wir mit allen anderen Non-Profit-Organisationen zusammenarbeiten. Wir wollten ein Sprachrohr für alle NGOs sein – doch das funktioniert immer noch nicht so recht.

Welches Gewicht hat die Printausgabe, welches Online?
Die Printausgabe steht für uns klar im Vordergrund und wir werden auch weiter auf Print setzen, denn unsere Leser fragen die gedruckte Ausgabe nach. Aber wir bauen Online Schritt für Schritt aus. Wir machen uns viele Gedanken über die Divergenz von Print und Online: Was bringen wir Print, was Online, was wird Gegenstand eines Podcasts – welches Thema spielt sich in welchem Medium ab und wie? Alles, was wir machen, machen wir vor dem Zeithorizont von fünf Jahren. In fünf Jahren werden wir schauen, wo wir stehen und ob es überhaupt noch eine Druckausgabe braucht. Mir macht es Mühe, auf dem Tablet zu lesen, aber die nächste Generation junger Leute kennt vielleicht gar nichts anderes mehr.

Neu ist auch der Einsatz von Augmented Reality. Warum haben Sie sich dafür entschieden?
Wir wollten die Möglichkeit haben, zu wichtigen Themen im Heft erklärende oder vertiefende Zusatzmaterialien zu bieten, auch im bewegten Bild, das immer eingängiger ist als nur der Text. Und da wir uns entschieden haben, auf Print zu setzen, wollten wir den Zusatzcontent nicht einfach online platzieren, sondern eben per Augmented Reality neben dem Heft auf dem Smartphone bereitstellen. Ich denke, das wird bald jede Zeitschrift machen. Wir sind damit nur ein bisschen voraus. Und nicht nur unsere Leser freuen sich über die zusätzlichen Informationen, sondern auch unsere Anzeigenkunden über die zusätzlichen Möglichkeiten. Sie können ihre Inserate nämlich durch Augmented Reality deutlich aufwerten, Geschichten erzählen, mit einem kleinen Werbefilm unterlegen etc. Bei der Roadshow waren die Werbe- und Mediaagenturen begeistert vom Spektrum der Optionen.

Welchen Einfluss hat die Stiftung auf das Magazin? Bringen Sie sich als Stiftungsratspräsidentin der Herausgeberin Stiftung Elternsein bei der Themensetzung ein?
Nein, vielleicht habe ich das zu wenig gemacht. Aber natürlich haben wir die Richtung durch Auswahl und Briefing der Chefredaktorin schon vorgegeben. Und wenn ich Themenideen habe, gebe ich die natürlich an die Redaktion weiter. Die ist aber frei in der endgültigen Auswahl der Themen. Das ist mir auch wichtig.

Wie finanziert sich das Magazin? Vorrangig durch die Stiftung Elternsein, die das Heft herausgibt und Spenden einholt? Die meisten Printprodukte kranken ja am geringen Anzeigenaufkommen, das dürfte bei Fritz+Fränzi nicht anders sein …
Das ist bei uns zum Glück nicht so. Wir hätten nie gedacht, dass es so kommt, aber wir finanzieren uns immerhin zu Hälfte über Anzeigen. Denn einige Anzeigenkunden haben gesagt: Wir schalten An zeigen bei Fritz+Fränzi, weil es dieses Magazin einfach geben muss. Wir tun etwas Gutes und erreichen gleichzeitig eine beträchtliche Zahl von Kunden. Und zum Glück sind es immer mehr, die so denken.

Das Magazin hat künftig acht Seiten mehr und die Redaktion will auch thematisch stärker in die Tiefe gehen. Wurden dafür neue Journalisten eingestellt?
Nein. Das Team ist gut eingespielt und hat ein gutes Netzwerk von Fachautoren, mit denen es ebenfalls schon lange zusammenarbeitet. Briefings gehen rasch und unkompliziert und so lassen sich der grössere Umfang und der neue thematische Zuschnitt gut bewältigen.

Fritz+Fränzi ist auf gewisse Art Ihr Baby. Wie beurteilen Sie seine Entwicklung?
Ja, genau, und dieses Baby hat mich jahrelang nachts wach gehalten, weil ich irgendwie Anzeigen und Spenden beschaffen musste. Aber Fritz+Fränzi hat längst laufen gelernt, ist erwachsen geworden, und je mehr Menschen gewahr werden, dass es in Familien mit Kindern eine Menge ungelöster Probleme gibt, desto mehr Leute interessiert das Thema und desto mehr wollen sich regelmässig darüber informieren. Aber Fritz+Fränzi braucht immer noch Gotte und Götti, also Paten, die bereit sind, das Magazin finanziell zu unterstützen.

Was wollen Sie in den nächsten zwei Jahren mit Fritz+Fränzi erreichen?
Ich war sehr früh auf Facebook, habe meinen Account dann aber aus Zeitgründen ruhen lassen. Nun bin ich seit einer Woche wieder drauf und wünsche mir auch für Fritz+Fränzi Aktivitäten in den sozialen Medien. Denn ich denke, der Stellenwert von Facebook, Twitter und Co. wird weiter wachsen. Wir können Social Media nutzen, indem wir beispielsweise auf Beiträge im Magazin und auf unserer Website aufmerksam machen. Die einzige Chance, die Print hat, ist, sich unentbehrlich zu machen. Der Vorteil von Print kann nicht mehr in der Geschwindigkeit des Informationsflusses liegen, sondern er liegt in der Tiefe. Und Print kann mit Online und Social Media interagieren. Diese spannende Möglichkeit müssen wir unbedingt nutzen.

Interview: Anne-Friederike Heinrich

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Dr. Ellen Ringier (60) ist promovierte Juristin und Stiftungsratspräsidentin der Stiftung Elternsein, die «Das Schweizer Elternmagazin Fritz+Fränzi» herausgibt. Redaktionsleiterin des Magazins ist die Wissenschaftlerin Dr. Eveline von Arx, die früher das Dr.-Sommer-Team bei der deutschen Jugendzeitschrift Bravo führte. In der Redaktion arbeiten insgesamt fünf Redaktorinnen und Redaktoren, vier für Print und eine für Online. Das alte Fritz+Fränzi.

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