Werberin des Jahres

Nadine Borter, Inhaberin der Berner Contexta, ist unsere Botschafterin für das Jahr 2011.  

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WW: Was bedeutet Ihnen dieser Titel?
Nadine Borter:
sehr viel. Der Titel ist eine grosse Anerkennung, nicht nur für mich, sondern auch für die Agentur und die starke Contexta-Crew. Genauso für unsere Kunden. Werberin des Jahres wird nur, wer das Privileg hat, für die anspruchsvollsten und fähigsten Auftraggeber zu arbeiten. Ihr Vertrauen und die langjährige enge Zusammenarbeit machen den Erfolg erst möglich. Für mich persönlich ist es eine wundervolle Bestätigung für das, was ich tagtäglich mache. Dafür bin ich dankbar.

Wie erklären Sie sich die vielen Sympathien, welche die Abstimmung gezeigt hat?
Es ist immer schwierig, das selber zu beurteilen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich gewinne – die Anerkennung meiner Kollegen ehrt mich sehr. Es ist eine schöne Bestätigung für unsere Arbeit in den letzten Jahren. Der Contexta wird viel Sympathie entgegengebracht, was vielleicht auch damit zu tun hat, dass wir in Bern sind und nicht in Zürich. Und unseren eigenen Weg gehen.

Sie sind eine sehr junge Agenturchefin. Wie hat das eigentlich angefangen mit der Werbung?
Nach der Mittelschule stellte sich bei mir die Frage: Soll ich weitermachen mit Spitzensport? Ich war im nationalen Kader der Schwimmerinnen. Oder soll ich studieren? Dann hat sich die Möglichkeit ergeben, bei der Contexta zu schnuppern. Nach dieser Woche wusste ich: Diesen Job will ich lernen. Die Agentur und die Leute haben mich fasziniert. Ich musste dann noch neun Monate «pickeln», bis ich als Junior-Assistentin einsteigen durfte. Contexta hat mir ­die­se Chance gegeben. Das war 1995, also vor 16 Jahren. Und seither bin ich hier – und habe alles von der Pike auf gelernt.

Haben Sie nie Lust gespürt, einmal die Tour durch verschiedene Agenturen zu machen?
Man kommt im Leben immer wieder an einen Punkt, wo man seine Erfahrungen Revue passieren lässt und schaut, wohin man noch gehen will. Man sucht eine Bestätigung, will sich mit anderen messen. Wie ist es am anderen Ort? Ich konnte mich bei der Contexta immer weiterentwickeln. Es sind immer wieder neue Aufgaben dazugekommen. Die Agentur hat sich verändert, sie ist grösser geworden. Damit hat sich auch mein Aufgabengebiet geändert. Ich habe immer genügend Herausforderungen innerhalb der Contexta gefunden. Irgendwann prägt man die Agentur auch selber, man wird ein Teil von ihr. Ein Agenturwechsel war für mich nie ein Thema. Und weil ich das Agentur-Business liebe, ist auch die Kundenseite für mich nicht in Frage gekommen.

Was gefällt Ihnen an der Contexta?
In dieser Firma ist sehr viel Leidenschaft und Herzblut drin. Hinter der Contexta steht eine eingeschworene Crew, auf die ich mich jeden Tag freue. Oder fast jeden. Ich empfinde es als Privileg, die Aufträge unserer Kunden mit grossem Respekt zu erfüllen. Kommunikation ist eine komplexe Aufgabe. Werbung zu machen bringt mir persönlich viel Freude.

Welche Vorteile bietet der Standort Bern?
Weil ich immer in Bern war, ist diese Frage für mich schwierig zu beantworten. Es hat eine lange Geschichte, eine Tradition, dass Contexta in Bern ist. Vielleicht wird das tatsächlich als Vorteil wahrgenommen: eine Agentur, die nicht in Zürich ist; eine Agentur, die etwas anders tickt.

Was waren wichtige Meilensteine bei Contexta?
Da ist sicher die langjährige Zusammenarbeit mit Appenzeller Käse – einem der ersten Contexta-Kunden. Diese Beziehung dauert nun schon 42 Jahre und steht wohl schon bald im «Guinness-Buch der Rekorde». Ich selber arbeite seit 16 Jahren für Appenzeller Käse. Es ist schön, eine solche Verantwortung für eine Marke zu übernehmen. Und das langjährige Vertrauen eines Kunden zu erleben. In dieser Zeit muss man sich mehrmals selber erneuern, um auch die Marke erneuern zu können. Zu sehen, was es für eine gute Zusammenarbeit braucht, ist für mich persönlich ein Erfolg. Ein anderer Meilenstein war die Übernahme der Agentur vor einem Jahr. Das hat mir auch noch einmal eine neue Perspektive eröffnet als Unternehmerin.

Es ist selten, dass man so jung eine Agentur kauft. Welche Überlegungen haben dazu geführt?
Einerseits glaube ich an die Zukunft von inhabergeführten Agenturen in der Schweiz. Es hat viele attraktive Marken in diesem Land, die man von der Schweiz aus erfolgreich betreuen kann. Dazu interessiert mich die Agentur von morgen. Der Markt entwickelt sich, wird komplexer. Wir stehen vor einer sehr spannenden Zukunft. Wie muss eine Agentur aufgesetzt sein, damit sie auch noch in fünf oder zehn Jahren erfolgreich am Markt agieren kann? Das interessiert mich als Unternehmerin. Und nicht zuletzt mag ich lange und gute Geschichten. Unsere Agentur ist 42-jährig. Es hat mich gereizt, diese Geschichte weiterzuschreiben.

Wohin möchten Sie die Contexta führen?
Die Contexta soll Teil der spannenden Zukunft sein, vor der wir stehen. Meine Agentur soll ein attraktiver Arbeitsplatz sein. Eine Plattform für verschiedenste Arten von Spezialisten und kreativen Talenten. Ein Kompetenzzentrum für Kommunikation und Kommunikationsfragen. Dorthin will ich Contexta gemeinsam mit unseren Kunden führen.

Wie ist die Lust gekommen, von der Werbe­assis­tentin zur Unternehmerin zu werden?
Man wächst und wird zusammen mit einer Unternehmung gross. Von meiner Erfahrung her gesehen und beim Betrachten der Grösse der Agentur sind wir ziemlich kontinuierlich gewachsen. Irgendwann stellen sich in diesem Prozess auch unternehmerische Fragen und irgendwann ist man der Verantwortung gewachsen, solche Fragen zu beantworten und auch zu handeln.

Management als «Learning by doing»?
Vieles habe ich gelernt im Austausch mit einem Umfeld, das viel Erfahrung hat. Dazu habe ich mich ständig weitergebildet. In der Beraterzeit habe ich den Leiter Marketing Kommunikation und viele berufsbegleitenden Ausbildungen absolviert. Aber den Hauptteil habe ich sicher beim Machen gelernt. Ich mache vieles zum ersten Mal. Da können auch Fehler passieren. Das ist das Spannende an meiner neuen Situation.

Wie weit greifen Sie in kreative Prozesse ein?
Ich bin von ganzem Herzen Werberin – ich weiss, was es braucht, um Erfolgsgeschichten für starke Marken zu schreiben. In der Contexta sind die Grenzen zwischen Beratung, Kreation und Strategie seit jeher fliessend. Genau hier liegt unsere Stärke. Aber – und das ist auch die Art und Weise, wie wir funktionieren – wir sind ein Team, arbeiten zusammen und sind gemeinsam bei den Kunden präsent. Wir wachsen mit den Aufgaben, die wir tagtäglich für unsere Kunden machen dürfen.

Bringen Sie auch Ideen ein?
Ich bin sicher mehr strategisch tätig. Über all die Jahre entwickelt man aber auch die eigene Kreativität und bekommt ein Auge für gute Ideen. Entsprechend habe ich eine klare Meinung, was funktioniert und was nicht. Und das bringe ich auch ein. Die Suche nach der besseren Idee reizt mich – und darum hüte ich mich davor, den kreativen Prozess abzuwürgen.

Wie ist die Contexta organisiert?
Wir sind über sechzig Leute. Wir haben schon früh den Prozess der integrierten Kommunikation lanciert. In der Grösse, wo wir uns bewegen, muss man in allen Disziplinen spielen können. Heute sind unsere Online-Kompetenzen in den Teams integriert – und das mit viel Erfolg. Wir erzählen in erster Linie gute Geschichten. Egal in welchen Kanälen. Über allem steht eine gute Idee, die von den Teams der Kreation und in der Beratung getragen wird. Von diesen Kompetenz-Teams wird die Idee in den verschiedenen Kanälen umgesetzt – gemeinsam mit den talentiertesten Fotografen, Regisseuren, Produzenten und Programmierern.

Wieso engagieren Sie sich als Vize beim BSW?
Der BSW ist der Branchenverband und steht für Qualität und Kompetenz. Ich finde es wichtig, dass sich auch die jüngere Generation dort aktiv einbringt und einsetzt. Es geht darum, die gemeinsamen Interessen zu stärken. Und nicht zuletzt ist es ein grosses Anliegen, den Werbenachwuchs weiterzubilden. Auch im eigenen Interesse. Die Komplexität der Aufgaben, welche an Agenturen gestellt werden, wird immer grösser. Das bedeutet: Wir müssen in junge Leute investieren, in ihre Ausbildung.

Sie reisen demnächst nach Berlin an die Filmfestspiele: Welche Verbindung haben Sie dazu?
Es gibt da ein paar Highlights, die ich jedes Jahr pflege. Ich reise gerne an Kunstmessen und regelmässig auch an die Berlinale. Kunst und Film ist für mich eine spannende Inspiration.

Haben Sie heute immer noch Zeit für Sport?
Diese Zeiten sind vorbei. Vor allem in dieser Intensität, wie ich es vor 15 Jahren betrieben habe. Ich bewege mich gerne in der Natur und schwimme – ganz besonders gerne in der Aare. Ich brauche diesen Ausgleich. Aber ich gehe nicht joggen vor der Arbeit. Und in einem Fitnessstudio trifft man mich auch nicht. Für mich ist das private Umfeld sehr wichtig. Familie, Freunde. Ich koche gerne.

Was wollen Sie als Werberin des Jahres und damit als Botschafterin unserer Branche erreichen?
Mein Thema ist die Nachwuchsförderung – es gibt kaum eine spannendere Branche als unsere. Wir sind ein wichtiger Wirtschaftszweig – ich will den grossen Stellenwert der Kommunikation noch bekannter machen. Genauso auch den wirtschaftlichen Nutzen von qualitativ hochstehender Werbung und starken Ideen. Gute Kommunikation schafft einem Unternehmen einen echten Mehrwert und grosse Vorteile im Wettbewerb. Das ist die gute Geschichte, die ich gerne jedem erzähle.

Interview: Andreas Panzeri

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