Jeder zehnte Jugendliche zeigt problematisches Onlineverhalten

Die meisten Jugendlichen in der Schweiz weisen ein unproblematisches Onlineverhalten auf, zeigt die James-Studie der ZHAW und Swisscom. Aber: Die Suchtgefahr steigt nicht nur mit der Anzahl internetfähiger Geräte und der Onlinedauer, sondern auch, wenn Jugendliche häufiger zur Unterhaltung surfen, mehr fernsehen oder auch öfter gamen.

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Obwohl mit Smartphones, Tablets & Co. vermehrt digitale Inhalte konsumiert werden, weisen vier Fünftel der Jugendlichen in der Schweiz eine unproblematische Internetnutzung auf. Zwölf Prozent zeigen ein risikohaftes Onlineverhalten und bei neun Prozent ist die Internetnutzung problematisch. Dies zeigt der aktuelle James-Bericht des medienpsychologischen Forschungsteams der ZHAW und der Swisscom. Zudem geht er der Frage nach, was Onlinesucht begünstigt und wie sich Jugendliche schützen können. Basis ist die James-Studie, die alle zwei Jahre das Medienverhalten von Schweizer Jugendlichen im Alter von 12 bis 19 Jahren untersucht.

Mediennutzung braucht Regeln

«Die Dauer der Internetnutzung ist nur eines von mehreren Kriterien, das auf ein problematisches Onlineverhalten oder gar Sucht hinweist», sagt ZHAW-Medienpsychologe Daniel Süss. Denn die Ergebnisse zeigen, dass Jugendliche mit einem problematischen Verhalten das Internet häufiger zur Unterhaltung nutzen, mehr fernsehen oder auch öfter Videogames spielen. Zudem steigt die Suchtgefahr, je mehr internetfähige Geräte verfügbar sind. Betroffen sind vor allem Jugendliche, die oft mit ihrem Handy audiovisuelle Inhalte konsumieren oder damit beispielsweise viel fotografieren und filmen. Deshalb raten die ZHAW-Forschenden bei neuen Geräten für Kinder und Jugendliche vorab Regeln zu erstellen, wie damit umgegangen werden soll. «Da Smartphones und Tablets mobil sind, erhöht sich sonst das Risiko, dass Eltern die Kontrolle über die Mediennutzung ihrer Kinder verlieren», sagt Daniel Süss. Zudem müssten sich Erwachsene und insbesondere Eltern ihrer Vorbildrolle stärker bewusst werden. Denn Kinder und Jugendliche schauten sich mehr von ihren Eltern ab, als diesen bewusst sei. «Deshalb lohnt es sich für Erwachsene, auch das eigene Medienverhalten zu reflektieren oder die Einschätzung der Kinder diesbezüglich einzuholen», sagt Süss.

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Onlineverhalten beeinflusst Mobbing

Jugendliche mit problematischem Onlineverhalten nutzen und verbreiten mehr mediale Gewalt. Zudem sind sie schon mehr in Kontakt mit Cybermobbing geraten. Es ist jedoch unklar, ob sie mehr negative Erfahrungen gemacht haben, weil sie mehr Zeit im Internet verbringen, oder ob die negativen Erlebnisse dazu führen, dass sie mehr Zeit investieren und so die Kontrolle verlieren. Dabei besteht die Gefahr, dass sie in eine Kontrollspirale geraten und zwanghaft überprüfen, ob vielleicht wieder etwas Negatives über sie verbreitet wurde. Die ZHAW-Forschenden raten deshalb Eltern oder Lehrpersonen bei Mobbing oder Cybermobbing zu beobachten, ob sich das Kind zurückzieht. «Ist dies der Fall, sollte man rasch Hilfe anbieten», sagt Daniel Süss. «Denn die Gefahr, dass ein Kind oder Teenager nach einem solch belastenden Erlebnis die Mediennutzung als Strategie sieht, mit negativen Gefühlen umzugehen, ist gross».

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«Likes» ersetzen fehlende Belohnung

Bei nonmedialen Freizeitbeschäftigungen fallen die suchtgefährdeten Jugendlichen nicht signifikant ab: Die meisten treffen ebenfalls Freunde oder treiben Sport. Dennoch identifizierten die ZHAW-Forschenden Faktoren, die vor einem risikohaften oder problematischen Onlineverhalten schützen können. Dazu gehören Musizieren, Basteln, Malen sowie Haustiere betreuen oder Tageszeitungen und Zeitschriften lesen. Die ZHAW-Forschenden empfehlen deshalb nonmediale Aktivitäten zu fördern, bei denen sich die Jugendlichen als kompetent erleben, Anerkennung erhalten und Erfolge erleben. Denn für Jugendliche sind «Likes» in sozialen Netzwerken oder erreichte Spielpunkte in Games besonders anziehend, wenn es in anderen Lebensbereichen nicht so gut läuft, beispielsweise bei schlechten Schulnoten. Durch die Förderung von Offline-Aktivitäten lernen sie mit vorübergehenden Misserfolgen souverän umzugehen und kompensieren schlechte Gefühle weniger mit medialem Konsum.

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