Journalist wegen Tests von doppelter Stimmabgabe vor Gericht

Ein Journalist des Westschweizer Fernsehens RTS muss sich ab Donnerstag wegen Wahlfälschung vor dem Bundesstrafgericht verantworten.

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Der 47-Jährige wehrt sich gegen eine Verurteilung wegen doppelter Stimmabgabe. Der Journalist wollte damit eine «Schwachstelle» im Informatiksystem offenlegen. Der Journalist hatte das Material für die Abstimmung vom 8. März 2015 versehentlich zwei Mal erhalten, weil er vom Ausland in die Schweiz umzog. Er konnte somit einmal als niedergelassener Schweizer abstimmen und einmal als Auslandschweizer.

Der 47-Jährige hatte sich schon in der Vergangenheit für seine Reportagen mit dem Wahlsystem beschäftigt und deshalb erregte auch die doppelte Zustellung der Unterlagen sein Interesse: Er stimmte deshalb am Morgen des 3. März zwei Mal ab, um einen möglichen Systemfehler beweisen zu können. In der Folge berichtete der Journalist auch im Westschweizer Fernsehen RTS über seine Entdeckung und setzte auch die Genfer Staatskanzlei über sein Handeln in Kenntnis.

Diese zeigte ihn drei Wochen später wegen Wahlfälschung bei der Genfer Staatsanwaltschaft an, welche den Fall wiederum an die Bundesanwaltschaft (BA) überstellte.

Einspruch durch Journalisten

Im November 2016 verurteilte die BA den Mann dann wegen Wahlfälschung per Strafbefehl: Die vorgesehene bedingte Geldstrafe betrug 10 Tagessätze zu jeweils 180 Franken. Die Probezeit lag bei zwei Jahren. Zudem sollte der 47-Jährige eine Geldstrafe von 360 Franken zahlen. Dagegen erhob der Journalist jedoch Einspruch, so dass es nun am Donnerstag zum Prozess kommt. Vor Gericht will er für die Pressefreiheit und die freie Meinungsäusserung kämpfen.

Mediengewerkschaft entzürnt

Bei Impressum sorgte die Verurteilung des Journalisten für Verärgerung. Um den Fehler im Abstimmungssystem offenzulegen, sei es unumgänglich gewesen, gegen das Gesetz zu verstossen. Die Genfer Staatskanzlei brachte dagegen hervor, dass sie verpflichtet gewesen sei, den Fall der Staatsanwaltschaft zu melden. Sie präzisierte ausserdem, dass die Lücke im Abstimmungssystem mittlerweile geschlossen worden sei. Sein Mandant habe ein Problem von öffentlichem Interesse enthüllt, sagte dagegen der Anwalt des RTS-Journalisten. Er bedaure den Entscheid der Bundesanwaltschaft, weil sie diesen bedeutenden Aspekt vollkommen ausser Acht lasse. Er wies zudem darauf hin, dass die Verurteilung des Journalisten der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte widerspreche. Wann ein Urteil in dem Prozess gesprochen wird, ist noch nicht bekannt. (SDA)

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