RTS-Journalist wegen Wahlbetrugs verurteilt

Joël Boissard, Journalist beim Westschweizer Fernsehens RTS ist des Wahlbetrugs schuldig gesprochen worden, weil er aufgezeigt hatte, dass es möglich ist, elektronisch zweimal abzustimmen. Er wird den Fall ans Bundesstrafgericht weiterziehen.

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Nach seinem Umzug im März 2015 aus dem benachbarten Frankreich nach Genf erhielt der Journalist Joël Boissard die Abstimmungsunterlagen für die kantonalen Vorlagen gleich zweimal: einmal als Auslandschweizer und einmal als Genfer Einwohner. Der Journalist wollte nachprüfen, ob es möglich wäre, zweimal abzustimmen. Es gelang ihm wider Erwarten im Zeitraum von vier Minuten. Auf diese Weise entdeckte er einen Fehler im elektronischen Abstimmungssystem.

Joël Boissard hat der Staatskanzlei den Fehler angezeigt und gleichzeitig seine Reportage angekündigt. «Ich habe ihnen mitgeteilt, dass ich meine Stimme zweimal abgeben konnte, und ich verlangte Erklärungen zu dieser Anomalie. Ich wollte auch wissen, ob meine zweite Stimmabgabe gezählt oder automatisch annulliert werde», erklärte er in «Le Matin Dimanche» vom Sonntag.

Schliesslich befasste sich die Bundesanwaltschaft mit der Affäre. Der Journalist wurde in Bern angehört, der Strafbefehl ging Anfang November ein. Die Bundesanwaltschaft verurteilte den Journalisten zu einer bedingten Strafe von zwei Tagessätzen. Ausserdem muss er eine Busse von 400 Franken und die Verfahrenskosten bezahlen, wie der Journalist gegenüber der Nachrichtenagentur SDA am Sonntag bestätigte. Für den Bundesanwalt handelt es sich um einen absichtlichen Missbrauch der politischen Rechte. Den journalistischen Auftrag zog er bei der Urteilsfindung nicht in Betracht.

Boissard hingegen ist überzeugt, mit gutem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben. Er wolle den Fall deshalb ans Bundesstrafgericht weiterziehen. Dabei gehe es ihm auch um die Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit. Impressum, der Schweizer Berufsverband für Journalisten, hat sich am Sonntag in einer Meldung zu dem Fall geäussert: «Wir betrachten das Vorgehen von Joël Boissard als im öffentlichen Interesse liegend, zumal er den Fehler selbst der Staatskanzlei angezeigt hat. Impressum sieht im Strafbefehl der Bundeskanzlei darum eine schwere Verletzung der Medienfreiheit».

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