Keine Ausschaffung wegen Medien

Die Schweiz schafft einen Terror-Verdächtigen nicht aus, weil Medienberichte ihn identifizierbar gemacht haben sollen.

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Ali J. darf in der Schweiz bleiben, obwohl ihn der Nachrichtendienst des Bundes als Gefahr für die Sicherheit der Schweiz einstuft. Schuld sind die Medien: Diese – unter anderen die «Rundschau» – hätten ihn für die irakischen Behörden identifizierbar gemacht.

Dies entschied das Bundesgericht. Und ignorierte dabei, dass die Medien die Identität des Irakers schützten, indem sie seinen Nachnamen nicht nannten und sein Gesicht hinter Balken und Pixeln versteckten. Die verwendeten Bilder lieferte Ali J. übrigens selbst: Die Videos des Islamisten sind Online frei verfügbar. Dies berichtet die Schweiz am Sonntag in ihrer aktuellen Ausgabe.

Der von den Ermittlern aufgrund seiner zwei Pharmazie-Semester «Apotheker» genannte 24-Jährige ist Aktivist der in Deutschland mittlerweile verbotenen Koranverteilungsaktion «Lies».

Ali J. hatte sich ursprünglich mit einer Geschichte über den iranischen Geheimdienst vor der Ausschaffung bewahren wollen. Die Geschichte wurde aber von den Migrationsbehörden aus verschiedenen Gründen als «realitätsfremd» eingestuft. Das Urteil des Basler Verwaltungsgerichts: Sofortige Ausschaffung. Denn Ali J. verfüge über kein Profil, das die Aufmerksamkeit der irakischen Behörden erregen würde.

Ali J. ging vor Bundesgericht und argumentierte, durch die breite Medienberichterstattung über seinen Fall drohe ihm bei einer Ausschaffung nun wirklich Folter und Tod, weil er als Terrorist und Dschihadist dargestellt worden sei.

Mit Erfolg: Das Staatssekretariat für Migration revidierte seine Einschätzung und gab an, dass sich die Situation durch die breite Medienberichterstattung tatsächlich geändert habe und Ali J. für die irakischen Behörden nun ein Thema sein könne. Und dank der verbreiteten Bilder auch identifizierbar.

Die Chance, dass der Iraker nun für immer in der Schweiz bleiben darf, wird von der Schweiz am Sonntag als «gut» eingeschätzt. Und ebenso realistisch ist die Chance, dass er bald wieder auf freiem Fuss ist. Denn wer nicht ausgeschafft werden kann und keine Strafe zu verbüssen hat, kommt in der Schweiz auch dann frei, wenn er als Gefahr für die Sicherheit eingestuft wird. (hae/SaS)

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