Eine Minute Krebs, jede Menge Spass

Der Animationsfilm «Findet Nemo» räumte 2003 alle Auszeichnungen ab: Er bekam einen Oscar als «Bester Animationsfilm» und wurde vom American Film Institute in die Top Ten der besten Animationsfilme aller Zeiten aufgenommen. «Findet Nemo» ist der beliebteste Animationsfilm der Schweiz, die vergessliche Fischdame Dorie mit mehr als 25 Millionen Facebook-Fans der beliebteste Charakter eines Disney-Films. Seit dem 29. September läuft nun der Nachfolgefilm «Findet Dorie» in den Schweizer Kinos – und verspricht bereits jetzt, ein Kassenschlager zu werden. Das Schweizer Musikproduzentenpaar Nikol und Roman Camenzind spricht in dem Streifen ein Krebsehepaar. Die Werbewoche sprach mit den beiden «Meeresbewohnern».

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Werbewoche: Nikol und Roman Camenzind, Sie leihen im neuen Disney-Animationsfilm «Findet Dorie» einem witzigen Krebsehepaar ihre Stimmen. Wie spricht denn ein Krebs?

Roman Camenzind: (lacht) Das ist eine gute Frage! Die Muttersprache von Krebsen scheint Englisch zu sein, was wir bis jetzt nicht wussten … Wir bekamen den fertigen Film «Finding Dorie» als Vorlage mit der Aufgabe, das, was die Krebse sagen, ins Deutsche zu übersetzen. Und weil wir nur die uns angeborenen Stimmen haben, konnten wir nicht viel mehr machen, als den Krebsen ebendiese Stimmen zum Reden auf Deutsch zu leihen.

Konnten Sie Chräbs und Chräbsli denn selbst – so wie es Anke Engelke in der deutschen Fassung mit Dorie macht – mit Leben füllen?

Nikol Camenzind: Wir haben schon so geredet, wie wir auch ganz natürlich reden – aber auf Hochdeutsch mit Schweizer Akzent. Gut möglich, dass das und natürlich auch das höhere Sprechtempo im Hochdeutschen einen Einfluss auf die Stimmfarbe hatte.

Hatten Sie denn irgendwelche Vorgaben fürs Einsprechen?

Roman Camenzind: Nein. Die Regisseurin hat uns zwar ein wenig geleitet, aber wir konnten beispielsweise selbst entscheiden, ob wir sauberes Hochdeutsch oder mit Schweizer Akzent reden wollen. Nikol und ich sind grosse Fans von den schweizerdeutschen Rollen in den Disney-Filmen. Also war schnell klar, dass wir mit Akzent sprechen und die Krebse auch mit dem eckigen schweizerischen Hochdeutsch interpretieren.

Der Switch ins Hochdeutsche ist für die meisten Schweizer nicht gerade Heimatland. Wie haben Sie das empfunden?

Roman Camenzind: Wir durften ja mit schweizerdeutschem Akzent reden und daher war es relativ einfach. Wir mussten uns nicht so stark auf die Aussprache konzentrieren und konnten den Text ziemlich frei, aus dem Bauch heraus, einsprechen. Einzig das Tempo mussten wir etwas erhöhen, daran mussten wir uns gewöhnen – denn deutscher Text hat in der gleichen Zeit mehr Silben als englischer Text.

Und die Übersetzung aus dem Englischen war vorgegeben, oder haben Sie den Text selbst übertragen?

Nikol Camenzind: Nein, der Text war vorgegeben.

Normalerweise kommen amerikanische Filme in Originalfassung mit deutschen Untertiteln in die Schweizer Kinos. Disney Schweiz hat aber ab und zu die Möglichkeit, bei der Produktion deutscher Synchronfassungen einzelne Rollen an Schweizer Sprecher zu vergeben. Sind Sie als Chräbsli die einzigen Schweizer Sprecher?

Roman Camenzind: Es gibt noch ein Mädchen, das Hochdeutsch mit Schweizer Akzent spricht. Es hat diese Rolle bei einem Wettbewerb der Coop-Zeitung gewonnen. Und beim Krebsehepaar ist Disney offenbar sofort auf uns gekommen (lacht).

Haben Sie es zunächst für einen Scherz gehalten, als die Anfrage kam, ob Sie zwei Krebse synchronisieren wollen?

Nikol Camenzind: Wir haben uns extrem geehrt gefühlt, dass Disney auf uns zukommt und uns als Krebse haben will. Sofort war ganz klar, dass wir da dabei sind – wir mussten nicht eine Sekunde darüber nachdenken. Wir sind sehr stolz darauf, zwei lustige, herzige Krebse im neuen Dorie-Film spielen zu können.

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Sie, Frau Camenzind, haben beruflich viel mit Kindern zu tun und Sie beide haben drei gemeinsame Kinder. Als Chräbs und Chräbsli werden nun viele der «Schwiizer Goofe» und wohl auch Ihre eigenen Kinder zu Ihrem Publikum. Setzt Sie das unter Druck?

Nikol Camenzind: Ich habe sofort der ganzen Truppe der Schwiizer Goofe erzählt, dass wir zwei Sprechrollen im neuen Dorie-Film haben. Die Kinder sind richtig stolz auf mich. Sie freuen sich extrem und wollten sofort wissen, in welcher Minute des Films unser Auftritt sein wird, damit sie ihn sich anschauen können. Ich habe gesagt: «Die Krebsli kommen nur kurz, aber ihr könnt sie nicht verfehlen! Sie sind das Wichtigste vom ganzen Film.» (lacht) Sonst bin ich ja eher im Hintergrund, schreibe die Lieder und sorge dafür, dass die Kinder vor dem Mikrofon Spass haben und sich austoben können. Nun kann ich einmal etwas zurückgeben und für sie vor dem Mikrofon stehen. Das finde ich ganz schön und sehr speziell. Und unsere eigenen Kinder sind 6, 5 und 2 Jahre alt und extreme Disney-Fans. Als wir ihnen gesagt haben, dass wir in «Findet Dorie» mitspielen, haben sie uns erst einmal schief angeschaut und wollten wissen, was wir in dem Film denn spielen, wir seien schliesslich keine Tiere. Das wir die zwei Krebse spielen, ist für unsere Kinder völlig unverständlich. Denn in ihrer Welt gibt es all diese Tiere wirklich, Dorie lebt irgendwo im Meer …

… und Nemo im Zürcher Zoo …

Nikol Camenzind: … genau! Und es hat unsere Kinder total verwirrt, dass wir jetzt die Stimmen von den Krebsen sein sollen, sie haben es uns nicht abgekauft. Schliesslich können die Krebse ja selbst reden!

Roman Camenzind: Schliesslich haben wir uns mit ihnen darauf geeinigt, dass wir den englisch sprechenden Krebsen sagen, wie sie es auf Deutsch sagen müssen. Und das war dann in Ordnung, das haben sie akzeptiert. Vorher hatten sie das Gefühl, wir seien die grössten Bluffer.

Wie oft haben Sie sich die Originalfassung angeschaut, bis Sie wussten: So sollen unsere Krebse sein?

Roman Camenzind: Wir haben erst den ganzen Film einmal ganz angeschaut. Und die eine Szene, in der die Krebse sprechen, haben wir im Studio dann x-mal wiederholt und diverse Varianten ausprobiert: lauter, leiser, mit mehr Singsang in der Stimme, mit weniger Singsang … das war auch für mich ein gute Erfahrung, denn ich war einmal auf der anderen Seite der Scheibe.

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Sie haben die Szene ja auch gleich gemeinsam eingesprochen, nicht jeder seinen Part einzeln. War diese Arbeit überwiegend anstrengend oder lustig?

Roman Camenzind: Superlustig.

Nikol Camenzind: Das war vor allem sehr lustig, ja. Es war eine tolle Arbeit und eine unvergessliche Zeit im grossen Münchner Tonstudio, mit den Leuten von Disney. Der lustigste Moment war der, in dem ich Romans Stimme hörte und den Krebs sah (lacht). Das war mein Highlight, seine starke, männliche Stimme in so einem kleinen Krebs, das war super. Wenn wir jetzt über etwas diskutieren, stelle ich mir Roman einfach als Krebs vor und schon muss ich lachen! (lacht herzlich)

Roman Camenzind: Für uns war das ein grosser Spass. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es eine sehr intensive, anstrengende Arbeit ist, eine Tonspur über einen kompletten Film zu produzieren, wie es zum Beispiel Anke Engelke für Dorie in der deutschen Synchronfassung von «Findet Dorie» macht. Das ist sicher viel anspruchsvoller als man denkt, vor allem, wenn es eine tragende Rolle ist. Und es braucht dafür grosses Talent.

Wie lang dauert Ihr Auftritt im Film?

Roman Camenzind: Etwa eine Minute.

Wie oft haben Sie die Szene eingesprochen, bis alle zufrieden waren?

Roman Camenzind: Das ging schnell, das hat nicht mehr als zehn Minuten gedauert. Allerdings war die Situation, in einem Studio hinter dem Mikro zu stehen, für uns beide natürlich auch nicht unbekannt.

Nikol Camenzind: Wir hoffen nun, dass sich der nächste Disney-Film nur um die Chräbsli dreht und dass wir sie sprechen dürfen. (lacht) Die haben wirklich mehr Platz verdient, so toll sind sie.

Sie verleihen das erste Mal Ihre Stimmen. Wie fühlt sich das an?

Nikol Camenzind: Es war grossartig und ich freue mich riesig auf den Film. Die Stimme formt sehr den Charakter von Menschen und Figuren – um so besonderer ist es, wenn man seine jemandem leihen kann.

Die meisten Leute finden ihre eigene Stimme merkwürdig. Wie empfinden Sie das?

Roman Camenzind: Wir sind ja nun beide ziemlich daran gewöhnt, unsere eigenen Stimmen zu hören, und wissen, dass unsere Stimmen als Tonspur total anders klingen, als wenn man sich selbst reden hört. Aber als ich Nikol als Krebs hörte, musste ich auch ziemlich lachen.

Gibt es einen Charakter, den Sie gern einmal sprechen würden?

Nikol Camenzind: Unsere beiden Mädchen lieben Elsa und Anna von «Die Eiskönigin». Darum würde ich gerne mal der Elsa meine Stimme leihen, da würden die Mädchen staunen. Und Roman sähe ich noch als Olaf … (lacht)

Roman Camenzind: Ich sähe mich natürlich als Hank aus «Findet Dorie», den Tintenfisch mit sieben Armen, ein toller, sehr lustiger und sympathischer Charakter, der mir im Laufe der Arbeit am Film sehr ans Herz gewachsen ist.

Interview: Anne-Friederike Heinrich

Über den Film

Mit Disneys Animationsfilm «Findet Dorie» kehrt am 29. September die blaue Paletten-

Doktorfisch-Dame Dorie auf die Schweizer Leinwände zurück. Das Fischchen ohne Kurzzeitgedächtnis lebt inzwischen glücklich und zufrieden mit Nemo und Marlin im Korallenriff, als sie einen Geistesblitz hat: Irgendwo da draussen müsste doch ihre Familie sein, die vielleicht längst nach ihr sucht. Also startet Dorie mit Marlin und Nemo ins grösste Abenteuer ihres Lebens, das sie durch den Ozean bis zum berühmten Meeresbiologischen Institut in Kalifornien führt.

Auf der Suche nach ihren Eltern bekommt Dorie Unterstützung von den schillerndsten Persönlichkeiten des Instituts: Vom mürrischen Oktopus (beziehungsweise Septopus) Hank, der nur noch sieben Tentakeln hat, den Wärtern aber dennoch regelmässig durchs Netz geht; vom Beluga Bailey, der glaubt, dass sein Echolot kaputt ist; und von der Walhai-Dame Destiny, die extrem kurzsichtig ist. Auch auf die Hilfe des witzigen Krebsehepaars «Chräbs» und «Chräbsli» kann die vergessliche Dorie zählen – gesprochen von Roman und Nikol Camenzind.

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