Die Schweiz verliert das Interesse an Kuhmilch – das Marketing soll’s richten

Seit Jahren ist der Milchkonsum in der Schweiz rückläufig und erreicht aktuell neue Tiefstwerte. Einmal mehr versucht die Milch-Lobby nun, mit Hilfe des Marketings das Image der Kuhmilch aufzupolieren.

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Die SonntagsZeitung stützt sich auf Zahlen des Branchenverbands Swissmilk. Im Jahr 1950 betrug demnach der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch noch 233 Kilogramm. 2017 waren es nur noch 57 Kilogramm. Die Milch-Aversion in der Schweiz habe zudem bereits ernsthafte Folgen für die Gesundheit: Kinderärzte und Ernährungsberater berichten von mangelernährten Kindern, weil Eltern das Trinken von Kuhmilch verböten – etwa in der Annahme, die Kinder seien allergisch auf Milchprodukte. So bremse unter anderem seit ca. zehn Jahren die Diskussion um Laktose-Intoleranz den Milchkonsum, sagt Christine Brombach, Professorin und Ernährungsexpertin an der ZHAW.

Hinzu kommt der Trend zu Low-Carb-Diäten und vor allem Veganismus. Viele Menschen verzichten heute aus ethischen Gründen auf den Konsum von Kuhmilch. So kritisiert unter anderem Animal Rights, das in der Werbung verbreitete Bild der glücklichen Kuh stimme nicht. Vielmehr sei mit der Milchproduktion – wie mit allen Tierprodukten – grosses Tierleid verbunden.

Milchwerbung soll irreführend sein

An der neuen Werbekampagne von Swissmilk hat sich auch der Verband Swissveg gestört und hat im März deshalb Beschwerde bei der Lauterkeitskommission (SLK) eingereicht. Grund: Die Werbung sei irreführend und entspreche nicht der Realität. Der Verband listet auf der Werbsite zehn Punkte auf, in denen die Kampagne ein falsches Bild vermittle. Das Urteil der SLK steht noch aus.

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Um das ramponierte Image der Milch aufzupolieren, sollen einmal mehr Marketing und Werbung helfen. Das hat die Milch-Lobby schon in den letzten zehn Jahren versucht und laut SonntagsZeitung nicht weniger als 200 Millionen Franken ins Marketing investiert. So wurden etwa an Open-Airs Milchbars aufgestellt und in Schulen ein Tag der Pausenmilch lanciert. Zusätzlich baute Swissmilk die grösste Online-Rezeptesammlung der Schweiz auf und schaltete verschiedene Kampagnen mit der Kuh Lovely.

Die Bemühungen zeigten wenig Erfolg. «Eine nachhaltige Wirkung in Bezug auf das Konsumverhalten ist nicht festzustellen», habe der Bundesrat vor einem Jahr festgehalten, schreibt die SonntagsZeitung.

Kernbotschaften sollen unters Volk gebracht werden

Die neue Stossrichtung heisst nun «Mehrwertstrategie Schweizer Milch 2025». Die Branchenorganisation Milch, der nebst Bauern auch Verarbeiter und Grossverteiler angehören, hat darin Kernbotschaften formuliert, welche man im Volk verankern will. Der Fokus soll dabei auf Stichwörter wie «Tierwohl» oder «Naturnähe» gelegt und dem Konsumenten die Natürlichkeit der Produktion nähergebracht werden.

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Diese Neuausrichtung lässt sich auch in der Werbung beobachten. Mit dem Wechsel der Swissmilk-Agentur – von Ruf Lanz zu Jung von Matt/Limmat – hat sich auch der komunikative Fokus geändert. Stand in den letzten Jahren Lovely als gesundes, starkes und sportliches Aushängeschild der Milchwirtschaft im Zentrum, so zeigt die aktuelle Kampagne die Milchkuh als glückliches Tier auf der grünen Wiese. Ob und inwiefern die Werbung dem Konsumenten dabei ein idealisiertes oder gar falsches Bild vorgaukelt, wird nun die Schweizerische Lauterkeitskommission entscheiden. (hae)

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