Social-Media-Kompetenz: Die Top-12 Schweizer NPO

Wie steht es mit der Social-Media-Kompetenz von Schweizer Nonprofitorganisationen (NPO)? Als Pioniere von Social-Media-Kampagnen stechen die Umweltorganisationen WWF und Greenpeace heraus: Sie nutzen Soziale Medien seit vielen Jahren gezielt zur Dokumentation ihres Engagements, zur Mobilisierung ihrer Mitglieder und für Fundraising-Aktivitäten.

panda-2

Vorbild für erfolgreiche digitale Kampagnen in der Schweiz sind die Operation Libero oder das Medienprojekt Republik. Die Operation Libero, entstanden 2014 als Antwort einer jungen Zivilgesellschaft auf Masseneinwanderungsinitiative und rechtskonservative Abschottungstendenzen, orchestriert seit 2015 mit einer durchdachten Social-Media-Strategie politische Kampagnen: So verhalf sie 2017 sowohl der Asylreform wie der Vorlage zur erleichterten Einbürgerung zum Erfolg.

Journalistinnen und Journalisten der Republik traten im Frühling 2017 mit dem Anspruch an, mit 750’000 Franken ein unabhängiges Online-Magazin zu realisieren – und brachten mit einer Crowdfunding-Aktion über 3,5 Millionen Franken zusammen! Das Projekt ist 2018 erfolgreich gestartet.

Doch wie steht es mit der Social-Media-Kompetenz von etablierten Nonprofitorganisationen? Ein aktuelles Rating zeigt: Viele NPO haben noch Aufholbedarf.

Welche NPO sind fit für die digitale Transformation?

Inzwischen haben auch NPO, Verbände und Campaigner Social Media als Verstärker politischer Botschaften entdeckt. Sie promoten so nicht nur Abstimmungs- und Wahlkampagnen, sie sammeln via Online-Kanäle auch erfolgreich Unterschriften und Spenden. Trotzdem sind erst wenige NPO wirklich fit für die digitale Zukunft: Der WWF kennt seit November 2016 einen Chief Digital Officer (CDO), der dafür verantwortlich ist, seine Organisation in die digitale Zukunft zu führen. Dass die Anzahl der Fans und Followers von NPO verglichen mit digital reifen Unternehmen noch vergleichsweise bescheiden sind, zeigt folgendes Rating (Stand: 2. April 2018):

Schweizer NPOs in den Sozialen Medien Stand: 2. April 2018
NPO Facebook Twitter Instagram Rang
WWF Schweiz 65’794 40’798 2’637 1
Greenpeace Switzerland 57’625 25’965 4’622 2
Terre des hommes 57’286 21’795 2’187 3
Save the Children Schweiz 76’164 1’541 671 4
Amnesty International Schweiz 49’816 20’693 1’783 5
Public Eye 30’890 10’331 0 6
Schweizerisches Rotes Kreuz SRK 33’753 1’790 3’182 7
Unicef Schweiz 26’496 911 0 8
Schweizer Paraplegiker Stiftung 24’584 0 0 9
Swissaid 9’515 15’007 0 10
World Vision Schweiz 13’102 7’291 0 11
Solidar Suisse 17’557 1’776 142 12

Quelle: Pluragraph.de (Auswertung: Consign)

Auffallend: Erst fünf der Top-12-NPO nutzen den aufstrebenden Kanal Instagram, der ein jüngeres, tendenziell weibliches Publikum anzieht. NPO und Verbände werden in den kommenden Jahren ihre Social-Media-Kompetenz schärfen müssen. Sie sind gefordert, mit einem strategisch geplanten Einsatz von Sozialen Medien die Anzahl ihrer Fans und Followers, ihre Reichweite und die Zahl der Interaktionen zu vergrössern.

Auffallend: Erst die Hälfte der Top-12-NPO nutzt den aufstrebenden Kanal Instagram, der ein jüngeres, tendenziell weibliches Publikum anzieht. NPO und Verbände werden in den kommenden Jahren ihre Social-Media-Kompetenz schärfen müssen. Sie sind gefordert, mit einem strategisch geplanten Einsatz von Sozialen Medien die Anzahl ihrer Fans und Followers, ihre Reichweite und die Zahl der Interaktionen zu vergrössern.

Berührendes Storytelling schafft Aufmerksamkeit

Ein wichtiges Mittel, Menschen zu berühren und in Kampagnen einzubinden, ist das Storytelling. Berührende Geschichten machen Menschen betroffen und empfänglich für Hilfs- oder Spendenaufrufe. Social Media eignen sich bestens für Formate, die Text und Bild zu bewegten und bewegenden Geschichten verschmelzen. Eine erfolgreiche Social-Media-Strategie beruht auf relevanten, regelmässig und klug gestreuten Inhalten. Strategisch geplantes Content-Marketing sorgt dafür, dass die Zielgruppen über Social-Media-Kanäle auf die eigene Website geholt – und in überzeugte Mitglieder, Unterstützer oder Spender verwandelt werden.

Erfolgreiche Kampagne «Free Giacobbo»

Ein gutes Beispiel liefert die Kampagne «Free Giacobbo» der Schweizer Sektion von Amnesty International: Die Petition für den burmesischen Komiker Zarganar, der in seiner Heimat zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, wird im Mai 2011 durch eine aufsehenerregende Twitter-Kampagne lanciert. 150 aktive Twitter-User werden am Sonntagabend gebeten, die Freilassung des angeblich verhafteten Schweizer Satirikers Viktor Giacobbo zu fordern. Grund seiner Verhaftung: Beleidigung des Bundesrats. Die Tweets enthalten den Link zu einem Video auf YouTube, das Giacobbo in einem angeblichen Gefängnis zeigt. Der Satiriker erklärt das Schicksal seines burmesischen Kollegen und fordert die User auf, die Amnesty-Petition zu unterschreiben. Durch Retweets verbreitet sich das Video rasch und wird auch von Journalisten gesehen. Am Montagmorgen ist das Thema bereits Titelgeschichte auf der Online-Plattform blick.ch («Giacobbo wandert für Kollegen in den Knast»). Das YouTube-Video hat 67’400 Aufrufe, die Facebook-Seite von Amnesty Schweiz gewinnt innerhalb von drei Tagen 2’500 Follower – eine Verdoppelung der bisherigen Community. Und nicht zuletzt: Amnesty Schweiz erhält via Newsletter über 20’000 Unterschriften für die Freilassung des burmesischen Satirikers.

Die Aktion enthält alles, was erfolgreiches Social-Media-Management ausmacht: eine überraschende Idee, einen prominenten Influencer, Dramatik und einen bewegenden Aufruf, der die Menschen berührt und zum Handeln auffordert. Und vor allem: Sie transportiert ein auf Dauer angelegtes Nutzerversprechen, das für vergleichbare Aktionen wiederholt werden kann. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist schliesslich die Einlösung des Versprechens: Zarganar wird im Oktober 2011 von den burmesischen Machthabern zusammen mit weiteren politischen Gefangenen freigelassen.

Weitere Artikel zum Thema